Bernhard Puttinger, Geschäftsführer Green Tech Valley
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Dass der Weg in Richtung Klimaneutralität vielschichtig und komplex ist, scheint unbestritten. Gerade in Bezug auf die energieintensive Industrie wird Wasserstoff künftig eine zentrale Rolle zugeschrieben, wie Robert Obenaus-Emler, Leiter des Resources Innovation Center (RIC) an der Montanuniversität Leoben, bestätigt: „Wasserstoff kann dabei direkt als Energieträger für Hochtemperaturprozesse dienen, stofflich genutzt werden, im Schwerverkehr eine Alternative zu fossilen bzw. elektrisch betriebenen Fahrzeugen, Schiffen und Flugzeugen liefern sowie die großvolumige Speicherung von elektrischer Energie über längere Zeiträume gewährleisten bzw. unterstützen.“
Bernhard Puttinger, Geschäftsführer Green Tech Valley
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Mit der Eröffnung des Forschungszentrums für Wasserstoff und Kohlenstoff in Leoben-Leitendorf im Oktober 2024 setzte die Montanuniversität Leoben einen nachhaltigen Schritt. Sie fungiert als zentrale Forschungseinrichtung in Österreich, welche im Technikumsmaßstab unter anderem die Forschung zur Spaltung von Methan in Wasserstoff und festen Kohlenstoff (Methanpyrolyse) sowie zur Produktion von grünem Kohlenstoff aus Biomassereststoffströmen ermöglicht. „Damit wollen wir gemeinsam mit unseren Industriepartnern – wie der Voestalpine, Inteco und RAG – einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Skalierung und Implementierung dieser zukunftsweisenden Technologien im Industriemaßstab leisten“, erklärt Obenaus- Emler.
Die Bruttogroßfläche des neuen Forschungszentrums beträgt 1.858 m², wobei sich die Forschungsfläche innen auf rund 750 m² beläuft . In Summe arbeiten 120 Wissenschaftler:innen im strategischen Kernforschungsbereich Wasserstoff und Kohlenstoff . „Im Sinne einer raschen Verminderung von Emissionen wird es wesentlich sein, jene Anwendungsfelder, in denen Wasserstoff den größten Hebel bei der Emissionsreduktion hat, zu stärken“, so Obenaus-Emler.
Margherita Matzer, Projektleiterin HI2 Valley, Forschungsinstitut WIVA P&G, Linz
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Um einen ersten Hochlauf von Wasserstoff technologien entlang der gesamten Wertschöpfungskette und über Sektorengrenzen hinweg gezielt zu fördern, dienen unter anderem Projekte wie das Hydrogen Industrial Inland Valley (HI2 Valley). Die Steiermark, Kärnten und Oberösterreich haben sich bei einer Ausschreibung der EU gemeinsam gegen zahlreiche weitere Bewerber durchgesetzt. Insgesamt beinhaltet das Paket Innovations- und Umsetzungsprojekte mit einem Gesamtvolumen von 578 Mio. Euro in den drei Bundesländern. Die Startförderung der EU soll 20 Mio. Euro betragen. Vision ist es, die Region als Vorreiter in der Wasserstofftechnologie zu etablieren und einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele zu leisten. „Mobilität und grüne Energie spielen eine tragende Rolle. Wir sind aber das erste Valley mit einem extremen Fokus auf die Industrieanwendung“, erklärt Margherita Matzer vom Forschungsinstitut WIVA P&G in Linz, das die Leitung sowie die bundesländerübergreifende Koordination des Projektes inne hat.
Die drei Bundesländer haben zudem jeweils eine eigene Koordinationsstelle ernannt (Kärnten: HyCentA, Steiermark: Green Tech Valley, Oberösterreich: Business Upper Austria). Im HI2 – Valley sind 47 nationale und internationale Partner in 17 Projekten beteiligt – jeweils sechs in Oberösterreich und der Steiermark und fünf in Kärnten. Pro Jahr sollen über 10.000 Tonnen grüner Wasserstoff produziert, verteilt (via Trailers und Pipelines), gespeichert und verbraucht werden. Das Portfolio ist sehr breit gefächert und umfasst die Stahl-, Zement-, Kalt- und Chemieindustrie.
Robert Obenaus-Emler, Leiter Resources Innovation Center (RIC), Montanuniversität Leoben
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Gerade die – in der Steiermark stark vertretenen – sehr energieintensiven Wirtschaftssektoren Stahl, Zement und Rohstoffe gelten laut EU als die am schwersten zu dekarbonsierenden Industrien, wie Bernhard Puttinger, Geschäftsführer des Green Tech Valley Clusters, weiß: „Umso essenzieller ist hier der Einsatz von grünem Wasserstoff . Auch deshalb, da der in diesem Bereich teilweise schon jetzt eingesetzte konventionell erzeugte Wasserstoff in der EU bis 2030 auf 50 Prozent grüne Erzeugung umgestellt werden soll. Hier besteht also hoher Handlungsbedarf, diese Sektoren werden allesamt in der Steiermark im Wasserstoff-Valley pilotartig dekarbonisiert. Grüner Wasserstoff gilt als der Champagner der Energiewende – weil er hochwertig und hochpreisig ist.“
Das Ziel ist klar: Das HI2 – Valley fungiert als Impulsgeber für den Wandel hin zu einem klimaneutralen Energiesystem. Dafür muss jedoch die gesamte Wertschöpfungskette – von der Produktion bis zum Verbrauch – mitberücksichtigt werden. „Denn niemand wird grünen Wasserstoff produzieren, wenn ihn keiner abnimmt. Genauso wenig wird kein Industriebetrieb auf Wasserstoff umstellen, wenn nicht klar ist, woher dieser bezogen werden kann“, ist Matzer überzeugt. Mit dem HI2 – Valley wird demnach eine Plattform geschaffen, bei der die verschiedenen Stakeholder zusammengebracht werden und somit jede:r Einzelne eine größere Planungssicherheit hat. Zusätzlich werden die einzelnen Projekte bei der Planung unterstützt und weitere Projekte im gesamten Konsortium entwickelt. „Somit ebnet das HI2 – Valley den Weg für eine Transformation, bei der wir alle zusammen anpacken und gemeinsam in Richtung Zukunft gehen“, so Matzer abschließend.