„Ziel des Forum Anthropozän ist es, globale, systemische Zusammenhänge auf regionaler Ebene sichtbar zu machen und gemeinsam vor Ort eine Plattform schaffen, wo nachhaltige Lösungen entwickelt werden.“
„Weil alles mit allem verbunden ist“
Vom 13. bis zum 15. Juni trafen international anerkannte Klima-Expert:innen sowie hochkarätige Vertreter:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst und Politik in Heiligenblut am Großglockner zusammen, um sich transdisziplinär dem Thema „Wasser. Quelle des Lebens in der Klimakrise“ zu widmen. „Globale, systemische Zusammenhänge auf regionaler Ebene sichtbar machen und gemeinsam vor Ort eine Plattform schaffen, wo nachhaltige Lösungen entwickelt werden. Gleichzeitig bietet das Format zahlreiche Möglichkeiten des Netzwerkens“, erzählt Organisatorin Sabine Seidler über die Mission, die hinter dem Forum Anthropozän steckt.
Wasser und Klima
Mit einer eindrucksvollen Key-Note der bekannten Meeresbiologin, Tiefseeforscherin und Direktorin vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven Antje Boetius wurde die mittlerweile siebente Auflage der internationalen Umwelt- und Klima-Fachtagung eingeleitet. „Der Kreislauf des Wassers verbindet unser Leben mit Ozean, Eis, Wolken und dem tiefen Untergrund. In all diesen Elementen löst die Klimakrise global und regional dynamische Veränderungen aus: Wasserressourcen versiegen oder verlagern sich, sie werden Auslöser für Konflikte und Vertreibung, Extremwetterlagen lassen Wasser zu einer Bedrohung werden. Gleichzeitig werden Innovationen in der nachhaltigen Nutzung von Wasser zur Hoffnung für neue zivilisatorische Entwicklungen, erklärte Boetius: „Unsere Herausforderung ist es, die planetaren Leitplanken und Ziele auf lokale, greifbare Lösungen herunterzubrechen. Die Lösung muss in der Natur liegen, die Technik kann beitragen.“ Im Rahmen eines „ZEIT-GESPRÄCHS“ moderiert von Fritz Habekuß, DIE ZEIT, diskutierten im Anschluss Nina Knittel (Volkswirtin und Forscherin, Wegener Center Universität Graz), Christian Skilich (Vorstandsmitglied der Lenzing AG), KELAG-Vorstand Danny Güthlein, Christoph Lüthi (Eidgenössisches Institut für Wasserwirtschaften und Technologie), Christian Holzer (Sektionschef im Klimaschutz-Ministerium) sowie Kärntens Klimaschutzlandesrätin Sara Schaar über die Rolle von Wasser in der Bewältigung der Klimakrise.
Nichts tun wird teuer
Nina Knittel untermauerte in diesem Kontext die makroökonomischen Auswirkungen internationaler Klimawandelfolgen: „Unsere Volkswirtschaften sind sehr stark miteinander vernetzt: einerseits die Sektoren innerhalb einer Volkswirtschaft, andererseits die Vernetzung mit dem Ausland eingebettet in globale Lieferketten. Dadurch verstärken sich die Effekte. Es ist notwendig jetzt zu investieren, sowohl in den Klimaschutz als auch in die Klimawandelanpassung, ansonsten sind in Zukunft zusätzliche monetäre Kosten von mehreren Mrd. Euro pro Jahr zu erwarten. Wir müssen lernen, besser mit knappen Ressourcen umzugehen. Es gibt so viel Wissen darüber, was man machen kann und auch die Technologie.“
Nachhaltige Praktiken
Christian Skilich, Vorstandsmitglied der Lenzing AG, verdeutlichte anhand eines Innovationsprojektes, welchen Mehrwert gemeinsames Handeln im Sinne nachhaltiger Praktiken und einer Kreislaufwirtschaft schaffen kann. „Wir haben ein innovatives Konzept geschaffen, wie nachhaltiger Gletscherschutz und Kreislaufwirtschaft bei Textilien sinnvoll verbunden werden können. Gemeinsam mit einem Netzwerk von engagierten und innovativen Partnern arbeiten wir daran, Geotextilien zu neuen Textilfasern zu verarbeiten und ihnen ein zweites Leben als Kleidungsstück zu geben.“
Konfliktlinien
Dass die Ressource Wasser zahlreiche Konfliktlinien in Situationen der Wasserknappheit und speziell in Regionen, wo die Grundwasserneubildung zurückgeht und der Wasserbedarf steigt, aufwirft, unterstrich Silvia Rief von der Universität Innsbruck. „Konfliktpotential zeigt sich aber auch beim regionalen und überregionalen Ausgleich räumlich ungleich verteilter Wasserressourcen. Sehr konfliktträchtig sind auch große Infrastrukturprojekte, die die hydrologische Struktur von Regionen verändern, wie Ausbaupläne für Wasserkraft“, betonte Rief. Es benötige Koordinationsprozesse auf höheren Ebenen, um die Zielkonflikte und Interdependenzen zwischen den Bereichen erneuerbare Energie, Landwirtschaft, Naturschutz, Tourismus, Industrie und Trinkwasserversorgung zu adressieren. Es sei wichtig, den Problemen ins Auge zu sehen.
Best Practice Beispiele
Unter dem Titel „Steht uns das Wasser bis zum Hals? Ein umweltmedizinischer Streifzug rund ums Wasser in der Klimakrise“ zeigte Hans-Peter Hutter die Auswirkungen der Klimakrise auf unser Wasser und damit auch auf unsere Gesundheit auf. Ein vielfältiges Programm mit Workshops, Impulsvorträgen, Kultur- und Naturerlebnissen sowie ein buntes Kinder- und Jugendprogramm rundeten das 7. Forum Anthropozän ab. In drei parallel laufenden Klimawerkstätten erhielten die Teilnehmer:innen zudem die Möglichkeit, sich anhand von Best Practice Beispielen kreativ mit den Themen Klimawandel, Klimawandelanpassung und Klimaschutz auseinanderzusetzen. Die Ergebnisse werden in Folgeworkshops der KLAR! und KEM Nationalparkgemeinden Oberes Mölltal weiterentwickelt.
WISSENSWERT
Das Forum Anthropozän wird von der Initiative ProMÖLLTAL | ARGE Alpine Nature Campus, dem Nationalpark Hohe Tauern Kärnten, dem EKUZ (1. Europäisches Klima- und Umweltbildungszentrum), dem Klimabündnis Kärnten, der Nationalpark-Gemeinde Heiligenblut am Großglockner, der Paris-Lodron-Universität Salzburg, dem Anthropocene Network Vienna (VAN) an der Universität Wien und der Landschaft des Wissens | Wissenschaftsverein Kärnten durchgeführt. In diesem Jahr neu: die Kooperation mit der „Klima Biennale Wien“. Der Begriff Anthropozän steht für Menschenzeit. Das 8. Forum Anthropozän wird vom 12. bis 14. Juni 2025 erneut im Nationalpark Hohe Tauern – Kärnten stattfinden.