© Julia Löschnig
Leben
14.02.2022

Wie funktioniert ein Leben ohne Plastik?

Einfach ist es nicht. Julia Löschnig wagte ein Jahr lang den Selbstversuch – und änderte so ihren Lebensstil.

Zu Neujahr 2020 nahm sich Julia Löschnig vor, ein Jahr lang so gut wie möglich Plastik zu vermeiden. Sie wagte den Selbstversuch. Der Hintergrund? „Im Rahmen eines Urlaubs in Sri Lanka konnte ich eine Wal-Beobachtung erleben, ein Gänsehaut-Erlebnis! Einen Tag später lese ich zufällig online, dass 15 Wale an der Nordsee tot angeschwemmt wurden. Sie sind mit vollem Bauch verhungert, bis zu 40 Kilo Plastikmüll hatten sie im Magen“, erzählt Löschnig. Das hat sie sichtlich getroffen.

Selbst ist die Frau

Sie fing an, tierversuchsfreie Kosmetik selbst herzustellen – und ist schnell gescheitert. „Mittlerweile kaufe ich es, weil es heute wirklich gute Produkte gibt.“ Weiter ging es mit Wasch- und Putzmittel, selbst hergestellt – ohne Chemie, ohne Plastik. „Ich fing an, zu experimentieren. Das war mein Einstieg und ich begann, meine Selbstversuche zu posten.“ Der nächste logische Schritt war der Neujahrsvorsatz 2020. Und die Resonanz darauf war unglaublich. „Ich bekomme viele Tipps, die ich dann ausprobiere. Ende 2020, zum Ende meines Experiments, habe ich einen Blog ins Leben gerufen, um meine Erfahrungen zu teilen. Denn das Thema interessiert sehr viele Menschen.“ Der Blog nennt sich „Fair-bessern“.

Schwierig bei Lebensmitteln

Wie ist es ihr in diesem Jahr ergangen? „Es ist ganz schwer, überall findet man Plastik. Natürlich habe ich auch nicht alles weggeworfen.“ Sonst hätten ja auch verschiedenste Elektrogeräte weichen müssen. Am schwierigsten empfand sie das Vermeiden von Plastik beim Lebensmittel-Einkauf. Denn Waren, die aussehen als wäre die Verpackung nur aus Papier, sind bei näherer Betrachtung gar nicht plastikfrei. Verpackungen sind oft innen beschichtet oder es gibt Sichtfenster aus Plastik. Beispiele sind viele Sorten Spaghetti, Taschentücher, Wattestäbchen oder Müsli, Ricotta und Topfen.

Zeitaufwendig und kostspielig

„Auf der Suche nach plastikfreien Lebensmittel bin ich von Supermarkt zu Supermarkt gefahren, was das Ganze ad absurdum geführt hat – man denke nur an den CO2-Ausstoß durch das Autofahren.“ Plastikfrei leben zu wollen ist also zeitaufwendig – und teuer! Löschnig: „Bei Lebensmittel um ein gutes Drittel, besonders teuer sind die Bio-Supermärkte.“ Was sich bei Lebensmittel schwierig gestaltete, war bei Putzmittel einfach. Sie kann man nämlich selbst herstellen und heutzutage gibt es auch gute plastikfreie und chemiefreie Marken. Als ihre „Bibel“ dient Löschnig das Buch „Fünf Hausmittel ersetzen eine Drogerie“. „Mit Natron, Waschsoda, Zitronensäure, Kernseife und Essig funktioniert fast alles“, sagt sie – und nutzt heute zum Beispiel Apfelessig als Tonic fürs Gesicht.

Niemand ist perfekt

Das Experiment ist Löschnigs Lebensstil geworden. „Ich habe jetzt öfter ein schlechtes Gewissen und gehe bewusster durchs Leben, kaufe regionaler ein. Aber ich versuche niemals, andere Leute zu missionieren. Auch der Inhalt meiner Schränke hat sich verändert, vor allem im Badezimmer.“
Dennoch: Komplett plastikfrei zu leben ist unmöglich, zumindest für Löschnig: „Ich habe auch nicht den Anspruch, in diesem Themenbereich perfekt zu sein. Es geht mir um Bewusstseinsbildung. Jeder sollte beginnen, seinen eigenen Konsum zu hinterfragen. Denn wir sind die erste Generation, die den Klimawandel vollauf versteht, und die letzte, die etwas dagegen unternehmen kann.“

Bewusster einkaufen

Der Landesgeschäftsführerin der ÖVP Kärnten geht es nicht nur um den Plastikmüll. „Wenn man sich damit beschäftigt, kommt man von einem Thema zum anderen – es hängt alles zusammen“, ist ihr jetzt auch regionaler und saisonaler Einkauf viel wichtiger als zuvor.
Und was würde Löschnig anderen raten, die ihrem Beispiel folgen wollen? „Ich würde Schritt für Schritt starten. Am einfachsten ist, damit zu beginnen, Putzmittel selbst herzustellen. Es gibt heute aber auch plastikfreie zu kaufen. Das Bewusstsein der Unternehmen für das Thema steigt. Zum Start ist generell ein bewussteres Einkaufen ratsam!“

Mit Hilfe ihres Blogs arbeitet Löschnig daran, plastikfreie Initiativen zu unterstützen, zu bündeln und Netzwerke auszubauen. „Wünschen würde ich mir, als großes Netzwerk einen Unverpackt-Laden in Klagenfurt aufzuziehen!“

Julia Löschnig hat acht Tipps für den Alltag, wie man weniger Plastikmüll produziert.

1. Wunderwaffe Putzasche

Man benötigt Holzasche und Natron, mischt dies eins zu eins und füllt es in ein luftdichtes Gefäß ab. Hartnäckige Verschmutzungen, vor allem Angebranntes, verschwinden damit. Sind Backrohr oder Pfanne noch leicht warm, geht es einfacher. Die Scheuerpaste mit ein paar Esslöffel Wasser (bei ganz schweren Verschmutzungen Tafelessig statt Wasser) vermischen, auftragen, zehn Minuten einwirken lassen – und wegwischen.

2. Buch

Fünf Hausmittel ersetzen eine Drogerie“ als Handbuch für einen nachhaltigen Haushalt.

3. Ökologisches Waschpulver selbst machen

Man braucht 100 g Kernseife, 150 g Waschsoda, 150 g Natron, 10 bis 20 Tropfen ätherisches Öl und optional 100 g Spülmaschinensalz (zusätzlicher Wasser-Enthärter). Bei weißer Wäsche 1 EL Zitronensäure (leicht bleichende Wirkung), bei bunter Wäsche 1 EL Essig (als Weichspüler ins Waschmittel-Fach). Zubereitung: Kernseife mit einer Küchenreibe aufreiben, andere Zutaten hinzufügen, luftdicht verschließen (z. B. Rexglas). Dosierung: ca. 2 EL pro Waschgang. Achtung: Durch das Waschsoda eignet sich dieses Mittel nicht für Seide oder Wolle.

4. Deostick in Papier von HautSinn

5. Für Männer

Für die Herren empfiehlt Julia Löschnig Haut- und Haarpflege von „Duschbrocken“.

6. Haarseife

Darauf schwört sie – und kauft sie am Benediktinermarkt in Klagenfurt.

7. Orangen-Zitrusreiniger selber machen

Für den Allzweckreiniger einfach Zitrusschalen in einem Rexglas vollständig mit Essig bedecken, zwei bis drei Wochen stehen lassen. Wenn sich der Essig leicht verfärbt und nach Zitrus duftet, ist der Reiniger fertig.

8. Abschminkpads

Julia Löschnig testete sich durch wiederverwendbare Alternativen, die bis zu 60 Grad waschbar sind und an die 300 Waschgänge überleben. Ihre Top-3: Pads aus Cellulose-Baumwolle von „Moomin Ecopads“, gehäkelte Pads und Abschminkpads von „Lamazuna“.

© Julia Löschnig

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