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Bildung
09.11.2023

Wie KI­-Chatbots das Bildungs­wesen verändern

Mit ChatGPT ist künstliche Intelligenz in der breiten Öffentlichkeit angekommen und beeinflusst auch das Bildungssystem.

Künstliche Intelligenz (KI) ist nichts Neues, diese Gruppe von Computeralgorithmen wird seit den 1950er Jahren erforscht. Sie hat sich in den vergangenen Jahren rasant entwickelt und wird in verschiedenen Bereichen angewandt. Im Gesundheitswesen hat sie ebenso Einzug gehalten wie im Finanzwesen, in der Sprachverarbeitung sowie im Bereich Sicherheit und Überwachung. Personalisierte Produktempfehlungen werden durch KI erstellt, Autonomes Fahren funktioniert ebenfalls mit KI-Unterstützung. Ohne es zu wissen, verwenden Milliarden Menschen seit Jahren KI, denn auch in der Suchmaschine Google beispielsweise legt sie fest, welche Vorschläge ganz oben gereiht werden. In den Bereichen Kunst, Musik und Literatur wird KI zur Erzeugung von Kunstwerken, Komposition von Musik und Generierung von Texten eingesetzt.

Es gibt kein Zurück

Und hier kommt ChatGPT ins Spiel, die künstliche Intelligenz in der Texterstellung. ChatGPT ist der bekannteste Chatbot, aber es gibt längst weitere. „Neuroflash“ oder „Jasper“ nennt Martin Schellrat, der unter anderem „Digital Transformation Management“ an der Fachhochschule Kärnten unterrichtet, als Beispiele. Auch Amazon steigt nun in das sich rasant entwickelnde Feld ein und hat für einen Milliarden-Dollar-Betrag die KI-Schmiede „Anthropic“ erworben. An alle jene, die KI, ob bei der Textgenerierung oder in anderen Bereichen, aus Angst oder Überzeugung ablehnen: Gewöhnen Sie sich daran und machen Sie das Beste daraus. KI ist gekommen, um zu bleiben. Oder um Schellrat zu zitieren: „Wir haben keine Ahnung, wohin der Weg führt, nur eines ist klar:Es gibt kein Zurück mehr.“

Im Lehrplan verankert

Diese Meinung vertritt auch Corinna Mößlacher vom Department für Medienpädagogik und Informationstechnologien der Pädagogischen Hochschule Kärnten Viktor Frankl Hochschule (PH Kärnten) in Klagenfurt. Studierende, auch Schüler:innen, arbeiten damit und werden es auch in Zukunft tun. „Und sie sollen es auch“, sagt sie. Sie sollen lernen, mit diesen neuen Werkzeugen umzugehen. Denn Chatbots bringen nur dann die erwünschten Ergebnisse, wenn die richtigen Fragen gestellt werden und das sei manchmal gar nicht so einfach. Die digitale Bildung und in diesem Zusammenhang auch der Bereich KI sind im Lehrplan der PH Kärnten bereits verankert. Die Schüler:innen sollen beschreiben können, „wie künstliche Intelligenz viele Software- und physische Systeme steuert“ und sie sollen erlernen, „die Grenzen und Möglichkeiten künstlicher Intelligenz zu reflektieren“.

ChatGPT als Schlagwort

Dabei geht es nicht oder nicht nur um ChatGPT. „Das ist ein Programm und zum Schlagwort für die neue Entwicklung geworden“, sagt Mößlacher. „Es gibt viele und es werden weitere kommen.“ In der Wissensvermittlung sowohl in der PH als auch in den Schulen gehe es darum zu vermitteln, wie KI funktioniere und das Bewusstsein dafür zu schaffen, wie man KI-Tools nutzt. „Denn KI macht nur, was man ihr anschafft“, so Mößlacher. Und was im Netz vorhanden ist. Und das ist auch die große Unbekannte. „Von vielen Informationen, die wir geliefert bekommen, wissen wir nicht, wer sie hineinstellt“, sagt Schellrat. Auch sollte man gut überlegen, was man über sich oder sein Unternehmen ins Internet stellt. Dabei sei es möglich, bestimmte Informationen für den Zugriff zu sperren. Sie sind dann nur auf der Website sichtbar. Das konnte man bisher auch für die Google-Suchmaschine schon machen.

Anpassung von Prüfungen

Wer ChatGPT oder einem anderen Chatbot mit gezielten Fragen einen Text schreiben lässt, hat damit seine Aufgabe noch lange nicht erfüllt. „Dann beginnt die eigentliche Arbeit“, lacht Mößlacher. Die Inhalte müssen durch Nachrecherche überprüft werden, der Text sollte dem eigenen Stil angepasst werden. Und genau das müsse in den Bildungseinrichtungen auch vermittelt werden. Selbstständiges Denken und kritisches Hinterfragen müssten in diesem Zusammenhang gezielt eingefordert werden. Auch Schellrat glaubt, dass kritisches Denken in Zukunft noch wichtiger wird. Die Prüfungskultur an der FH wird bereits an die neue Entwicklung angepasst. „95 Prozent der Studierenden kann mit Chatbots umgehen“, meint Schellart. Reine Literaturarbeiten werden dadurch wertlos. Daher sind jetzt nicht nur wie bisher für die Masterthesis auch für die Bachelor-Arbeit empirische Anteile vorgeschrieben. An der Pädagogischen Hochschule beschäftigt man sich ebenfalls mit der Anpassung von Unterricht und Prüfung. Die Fragestellungen müssen konkreter werden, verschiedene Aspekte kombiniert und eigene Standpunkte eingearbeitet werden, beschreibt es Mößlacher. So könnte man KI auch bewusst zulassen und die Texte dann hinterfragen, nennt sie als Beispiel.

Von­einander lernen

Lehrkräfte werden in Zukunft damit rechnen müssen, dass sich ihre Schüler:innen auch außerhalb des Unterrichts mit Chatbots und anderen KI-Programmen beschäftigen und sie daher mit Fragen konfrontiert werden, auf die sie unter Umständen keine Antwort wissen. „Das ist aber nichts Negatives, man kann ja voneinander lernen“, beschreibt Mößlacher einen Paradigmenwechsel im Bildungssystem. Fortbildungskurse für Lehrkräfte würden laufend angeboten und man werde versuchen, stets die neuesten Entwicklungen zu berücksichtigen und die entsprechenden Lehrgänge anzupassen, so Mößlacher. Flexibilität wird gefragt sein, sagt Schellrat. Denn die Tools werden sich laufend ändern. Einige werden verschwinden, andere wieder entstehen. Und wovon niemand spricht: „KI benötigt eine enorme Rechenkapazität und das bedeutet einen ebenso enormen Energiebedarf“, erklärt Schellrat. Daher sind auch hier die Folgen nicht absehbar.

Martin Schellrat, FH Kärnten. © Helge Bauer
Corinna Mößlacher, Pädagogische Hochschule Kärnten. © Studio Horst
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