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Wirtschaft
04.06.2025

„Wir erwarten uns Wachs­tums­impulse“

Manfred Wilhelmer wurde im Rahmen der Sparten­konferenz der Wirtschafts­kammer Kärnten kürzlich erneut zum Obmann der Sparte Bank und Ver­sicherung gewählt.

advantage: Welches ist aktuell das brennendste Thema im Bereich der Banken?

Manfred Wilhelmer: Ganz klar: die Bankenabgabe. Diese Sondersteuer für eine Branche stellt einen massiven Eingriff in die Eigentumsverhältnisse der Bankunternehmen dar. Ursprünglich wurde im Zuge der Finanzkrise 2008 die Stabilitätsabgabe eingeführt – mit klarem Zweck: den Sektor im Krisenfall abzusichern. Seither zahlen die Institute regelmäßig in den Einlagensicherungs- und Abwicklungsfonds ein, der aktuell über 4,4 Mrd. Euro verfügt. Das heißt, bei einer neuerlichen Krise könnten sich die Banken selbst retten. Durch die neue, zusätzliche Abgabe fließen 500 Mio. Euro jährlich ohne Zweckbindung ins Budget und schwächen die Eigenkapitalbasis, die aber entscheidend ist für die Kreditvergabe. Die Banken sorgen für Stabilität im Wirtschaftskreislauf und sind mit einer Eigenkapitalquote von durchschnittlich 19 Prozent gut aufgestellt. Sie zu schwächen, ist eine schlechte Entscheidung.

Wie sehen Sie die aktuelle wirtschaft­liche Entwicklung in Österreich?

Das wirtschaftliche Umfeld befindet sich in einer ernsten Phase. Es gibt wenig Wachstumsimpulse. Die Privathaushalte agieren verhalten und abwartend. Dadurch fehlt der private Konsum in der Wirtschaftsleistung. So beträgt die Sparquote derzeit 11,7 Prozent, regulär liegt sie bei acht Prozent. Die Menschen sind vorsichtig und diesen Eindruck hat man auch bei den Unternehmen. Sie investieren sehr zurückhaltend. Verstärkt wird die Situation durch die aktuelle Diskussion um die Zölle – das beeinflusst die Stimmungslage insgesamt.

Wie wird sich die Lage in den nächsten Monaten entwickeln?

Es gibt durchaus Anzeichen für eine positive Entwicklung. Mit Ende des zweiten Halbjahres, spätestens mit Anfang 2026 erwarten wir eine spürbare Trendwende. Die Finanzierungsnachfrage im privaten Wohnbau steigt. Aufgrund der KIM-Verordnung mit den starren Vorgaben zu Eigenmittelquote und Kreditlaufzeiten sowie Schuldendienstquote gab es einen massiven Rückgang bei den privaten Wohnraumfinanzierungen. Diese Verordnung läuft mit Ende Juni dieses Jahres aus. Dadurch und auch bedingt durch die niedrigen Zinsen gibt es wieder mehr Bewegung im Wohnbau. Zudem sind einige Branchen im Gewerbe gut ausgelastet.

„Unser Ziel ist es, Kärnten als attrak­tiven Finanz- und Wirtschafts­standort zu stärken.“

Manfred Wilhelmer, Obmann der Sparte Bank und Versicherung der WK Kärnten
Welche Bereiche verzeichnen die positive Entwicklung?

Besonders gut entwickeln sich derzeit viele Handwerksbetriebe und das verarbeitende Gewerbe. Schwieriger ist die Situation hingegen bei den größeren Industriebetrieben, die international tätig sind. Sie kämpfen mit sinkender Wettbewerbsfähigkeit– nicht zuletzt aufgrund hoher Energiekosten, wachsender Bürokratie und im internationalen Vergleich deutlich höheren Lohnabschlüssen. Die Lohnabschlüsse in Österreich waren beispielsweise um zehn Prozent höher als in Deutschland. Österreich und auch Kärnten bieten kein unternehmerfreundliches Umfeld, das betrifft Genehmigungsverfahren ebenso wie die Auflagenthematik. Unternehmer:innen werden vielfach als Bittsteller gesehen. Doch es braucht hier ein Umdenken. Schließlich geht es um Wohlstand, um Arbeitsplätze.

Welche Maßnahmen wären zur Verbes­serung der wirtschaft­lichen Situation notwendig?

Der wichtigste Schritt wäre eine Entlastung auf allen Ebenen. Allen voran müssen die Lohnnebenkosten gesenkt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Weiters wäre eine Eindämmung der überbordenden Bürokratie notwendig. Zu den nationalen Regulatorien kommen auch noch die EU-Bestimmungen, das alles hemmt die wirtschaftliche Entwicklung. In den vergangenen Jahren wurden Arbeitsplätze in erster Linie im öffentlichen Bereich geschaffen. Wir haben mittlerweile ein System, das sich selbst verwaltet. Umdenken ist gefragt. Die Kurskorrektur beim Green Deal der EU ist ein erstes wichtiges Signal für mehr wirtschaftliche Vernunft. Generell sollte die öffentliche Hand als Dienstleister agieren, die Rahmenbedingungen für private Initiativen verbessern und gezielt Anreize für Unternehmensgründungen und Wachstum setzen.

„Wir setzen Initia­tiven, um die Jugend möglichst früh im Bereich Finanzen und Versiche­rungen zu informieren.“

Manfred Wilhelmer, Obmann der Sparte Bank und Versicherung der WK Kärnten
Welche Initiativen setzt die Sparte Bank und Versicherung?

Ein zentrales Anliegen ist die Finanzbildung junger Menschen. Sie sollte möglichst früh beginnen, tatsächlich findet sie heute kaum noch statt. Genau hier setzen wir an: Wir vernetzen uns mit Lehrkräften, gehen aktiv in Schulen und vermitteln den bewussten Umgang mit Geld – und warum Banken und Versicherungen in einer Gesellschaft so wichtig sind. Ein konkretes Beispiel sind digitale Taschengeldmodelle, mit denen bereits die Jüngsten erste Erfahrungen im Umgang mit Geld sammeln können – sicher, praxisnah und altersgerecht.

Was ist das aktuelle Thema im Bereich Versicherungen?

Derzeit ist der Katastrophenschutz eines der drängendsten Themen im Versicherungsbereich. Haus und Eigentum sind im Falle von Naturereignissen wie Murenabgängen, Überschwemmungen oder Erdbeben bislang nur unzureichend abgesichert. Die österreichischen Versicherer setzen sich daher für eine gesetzliche Anpassung des Versicherungsvertragsgesetzes ein, mit dem Ziel, Naturkatastrophen künftig standardmäßig in der Feuerversicherung für Eigenheime mitzuversichern.

Was erwarten Sie von der Politik, von der neuen Regierung?

Wir erwarten uns Wachstumsimpulse, durch die Investitionen gezielt gefördert werden. Das können vorzeitige Abschreibungen oder Investitionsprämien sein. In jedem Fall müssen sie sich lohnen, damit die Wirtschaft wieder angekurbelt wird.

WISSENSWERT

Die Sparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Kärnten vertritt die Belange aller Banken und Versicherungen im Bundesland Kärnten. Die Unternehmen dieser Sparte beschäftigen in Kärnten mehr als 5.000 Mitarbeiter:innen. Mit einer Bruttowertschöpfung von mehr als 1,07 Mrd. Euro trägt sie rund 4,5 Prozent zur gesamten Wirtschaftsleistung des Bundeslandes bei.

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