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Umwelt
10.03.2023

Wir haben keine zweite Erde!

Der Klimawandel macht deutlich, wie wichtig langfristiges (Um-)Denken ist. Andrea Steiner untersucht Veränderungen in der Atmosphäre und deren Ursachen.

Univ.-Prof. Mag. Dr. Andrea Steiner, Leiterin des Wegener Centers der Universität Graz, wurde 2022 in der Kategorie Forschung zur Österreicherin des Jahres gekürt. Im Zukunftsgespräch mit advantage erklärt die Klimaforscherin, welche Trends die aktuellen Messungen zeigen.

advantage: Warum verändert sich das Klima?

Andrea Steiner: Der derzeitige Klima­wandel ist hauptverursacht durch menschliche Aktivitäten, in erster Linie durch die Nutzung von fossilen Brennstoffen und Energieträgern seit Beginn der industriellen Revolution und damit einhergehend mit der Emission von Treibhausgasen in die Atmosphäre. Man kann durch Analysen klar nachweisen, woher dieses CO2 stammt. Dadurch gerät das Klimasystem der Erde – die Energiebilanz zwischen eingehender Sonnenstrahlung und ausgehender Wärme­strahlung – aus dem Gleich­gewicht. Die Erde erwärmt sich.

Wie kann der Klimawandel gemessen werden?

Beim Wegener Center arbeiten wir hauptsächlich mit Satellitendaten, wo wir uns die Atmosphäre genauer anschauen. Die globale Erwärmung beträgt seit der vorindustriellen Zeit um mehr als ein Grad im Mittel mehr. An Land ist diese deutlich höher. Wir stellen aber auch eine Erwärmung in den Ozeanen fest. Das führt zu einem Meeresspiegelanstieg, der sich in den letzten Jahren beschleunigt hat. Gleichzeitig misst man auch das Abschmelzen der Eisschilde sowie einen massiven Gletscherrückgang, was ebenfalls zu einem Anstieg des Meeresspiegels führt.

„Hauptreiber im derzeitigen Klimawandel sind die Treibhausgase. Die natürlichen Faktoren haben nur einen ganz geringen Anteil an der aktuell beobachteten Erwärmung.“

Univ.-Prof. Mag. Dr. Andrea Steiner,
Klimaforscherin und Leiterin Wegener Center der Universität Graz

Was sind die Folgen?

All diese Veränderungen haben Auswirkungen auf die Atmosphäre und damit auf das Wetter. Wettermuster etwa verschieben sich. Das bedeutet, dass wir im Sommer auch in Europa vermehrt Hitzewellen und Dürren bekommen sowie stärkere Gewitter, Stürme und Starkniederschläge gepaart mit Überflutungen. Die Extreme werden häufiger und auch intensiver. Mehr Erwärmung bedeutet mehr Extremereignisse.  Gleichzeitig nehmen die Frosttage ab, weil es im Mittel wärmer wird. Dadurch verlängern sich die Vegetationsperioden, dennoch können Spätfröste mit Ernteausfällen auftreten. Diese Ereignisse sind schwer vorhersehbar und wirken sich direkt auf Mensch und Umwelt und damit auch auf die Wirtschaft aus, verursachen hohe ­Kosten. Der Klimawandel hat letztlich Auswirkungen auf das gesamte soziale Gefüge.

Wie können natürliche Klimaeinflüsse von menschengemachten Auslösern unterschieden werden?

Natürliche Ereignisse haben andere Zeitskalen, als die durch den Menschen verursachte Erwärmung. Die menschgemachten Ursachen bewirken einen langfristigen ­Klimatrend, ein Ansteigen der Temperatur. Hauptreiber im derzeitigen Klimawandel sind eindeutig die Treibhausgase. Die natürlichen Faktoren haben nur einen ganz geringen Anteil an der aktuell beobachteten Erwärmung.

Die Pasterze 1920 und 2022: Der Gletscherschwund setzt sich kontinuierlich fort und ist einer der sichtbaren Effekte des Klimawandels. © OeAV/ Lieb

Was müssen wir Menschen verändern, damit die Transformation gelingen kann? 

Es braucht ein langfristiges (Um-)Denken. Jede Tonne CO2 verursacht weitere Erwärmung. Und diese Treibhausgasemissionen kommen eindeutig durch unser Tun in die Atmosphäre: Durch Mobilität, Industrie, Konsum. Wenn ich als Klimaforscherin sage, wir müssen auch einsparen, das ist halt nicht opportun. Es ist eine unangenehme Nachricht, aber es ist eine Tatsache. Wir müssen sozusagen in Richtung klimafreundliche Strukturen umbauen. Da braucht es ein koordiniertes Vorgehen von allen Akteuren: Von staatlichen, von nicht staatlichen, von den Regierungen über die Unternehmen, die Sozialpartner, die Gesellschaft bis hin zu den Medien. Es braucht Rahmenbedingungen, um eine solche Transformation in Gang zu bringen. Da müssen alle zusammenhelfen. 

Green Deal und SDGs: Welchen Beitrag kann die Wirtschaft, die Politik zur Erreichung der Klimaziele leisten?

Es ist wichtig, die Energiekrise und die Klimakrise gemeinsam zu denken, in klimafreundliche Strukturen, in erneuerbare Energiesysteme zu investieren. Wir brauchen ein bundesweites Klimaschutzgesetz, eine koordinierte Raumplanung, öffentliche Infrastrukturen für die Mobilität. Und schon auch eine Bepreisung von klimaschädigenden Emissionen, sprich eine Kostenwahrheit! Natürlich muss man das alles sozial verträglich gestalten. Es braucht auch Mut langfristige Entscheidungen zu treffen, die vielleicht kurzfristig nicht so schön sind. Es muss uns ja allen um die zukünftigen Generationen gehen. Das heißt, es gilt die Erde zu bewahren. Denn unsere Ressourcen sind die Grundlage für Wirtschaft und Gesellschaft. 

Was bedeutet für Sie persönlich nachhaltiges Handeln?

Dass man bewusst konsumiert, mitunter den Konsum einschränkt, regional einkauft, Wege einspart, mehr öffent­liche Verkehrsmittel benutzt, mit dem Fahrrad fährt. Dass man Sachen repariert und wieder verwendet. Es umschließt alle Lebensbereiche.

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