© Helge Bauer
Wirtschaft
05.03.2025

„Wir sind ein One-Stop-Shop für alle Fragen“

Die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeits­markt sicher­zustellen, ist eine zentrale Aufgabe der AK.

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Michaela Eigner-Pichler ist Leiterin des Referats für Beruf, Familie und Gleichstellung in der AK Kärnten. Im Interview mit advantage erklärt sie, in welchen Situationen das Referat Unterstützung bietet.

advantage: Warum wurde das Referat für Beruf, Familie und Gleichstellung gegründet?

Michaela Eigner-Pichler: Die Themen, die Eltern und alleinstehende Frauen in Zusammenhang mit Schwangerschaft und Karenz betreffen, sind sehr vielfältig und reichen in mehrere Bereiche, wie Arbeits- und Sozialrecht, Steuerrecht oder Gleichbehandlung. Wir sind nun – quasi als One-Stop-Shop – Ansprechpartnerinnen für alle diese Fragen, von der Meldung der Schwangerschaft über Karenz- und Kinderbetreuungsgeld bis hin zum Wiedereinstieg nach der Babypause. Aber auch Gleichbehandlungsfragen, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und sonstige Benachteiligungen von Frauen am Arbeitsplatz gehören zu unserem Themenbereich. Wir beraten, wir intervenieren und führen auch Verfahren vor Gericht, wenn eine außergerichtliche Einigung nicht möglich ist.

Wie komplex sind diese Themen?

Ich sage Ihnen nur ein Beispiel. In den ersten 15 Jahren, nachdem das Kinderbetreuungsgeld das Karenzgeld abgelöst hat, wurde das entsprechende Gesetz 17 Mal novelliert. Es gibt nach wie vor ständig gesetzliche Neuerungen. Da ist es selbst für Rechtskundige nicht immer leicht, den Überblick zu bewahren. Wir befassen uns mit diesen Gesetzen bis ins Detail und können die Eltern individuell beraten.

Mit welchen Fragen werden Sie in erster Linie konfrontiert?

Es sind ganz unterschiedliche Themen, die an uns herangetragen werden. Manche Paare informieren sich für ihre Familienplanung über die gesetzlichen Möglichkeiten. Sie lassen sich die Varianten des Kinderbetreuungsgeldes durchrechnen. Es fällt auf, dass bei jeder dritten Beratung auch die künftigen Väter mitkommen. Das sind die erfreulichen Geschichten.

Und die unerfreulichen?

Wenn zum Beispiel Frauen zu einer einvernehmlichen Lösung ihres Dienstverhältnisses gedrängt werden, sobald sie ihrem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft gemeldet haben. Viele wissen auch nicht, dass sie für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld ein aufrechtes Dienstverhältnis am Tag der Geburt haben müssen. Obwohl wir eine sehr gute Gesprächsbasis und Zusammenarbeit mit der ÖGK in Kärnten haben, müssen wir diese in manchen Fällen wegen Rückforderungen klagen, da das für das Kinderbetreuungsgeld zuständige Bundeskanzleramt speziell in diesen Fällen kaum auf Härtefälle Rücksicht nimmt.

Ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nach wie vor ein Thema?

Hier gibt es eine hohe Dunkelziffer, vor allem, wenn es um Belästigungen durch den Vorgesetzten geht. Frauen trauen sich eher, Belästigung von Kollegen anzuzeigen. Wir beraten und intervenieren bei Bedarf, denn die Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, unverzüglich geeignete Abhilfe zu schaffen. Zu diesem Thema halten wir über Einladung von Betriebsrät:innen auch Vorträge in den Betrieben, um die Menschen für dieses Thema zu sensibilisieren und um klar zu kommunizieren, dass sexuelle Belästigung kein Kavaliersdelikt ist.

Wo konnten weitere Problemfelder identifiziert werden?

Wir haben festgestellt, dass Gewalt in der Pflege ein zunehmendes Problem ist und haben, ausgehend von einer Enquete zum Thema „Gewalt am Arbeitsplatz“ im Dezember 2023, eine Vortragsreihe zu diesem Bereich entwickelt. Damit wollen wir die Betroffenen informieren und die Verantwortlichen in den Betrieben für das Thema sensibilisieren, denn Gewalt gegenüber Pflegepersonen wird häufig immer noch als Berufsrisiko abgetan. Es gilt daher, Betroffene und die Belegschaftsvertretung über die Fürsorgepflicht des Dienstgebers aufzuklären und diese zu motivieren, im Falle eines Übergriffes die notwendigen Abhilfemaßnahmen aktiv einzufordern.

Michaela Eigner-Pichler und ihr Team beraten werdende Eltern. © AK/Hude

Für Eltern und gegen Diskrimi­nierung

Das Referat für Beruf, Familie und Gleichstellung der AK Kärnten deckt alle Themen von Schwangerschaft über Karenz bis Wiedereinstieg ab und unterstützt überdies, wenn es um Diskriminierungen am Arbeitsplatz geht.

Vier Juristinnen und eine Assistentin im Büro stehen Hilfe- und Antwortsuchenden telefonisch, per Mail und persönlich zur Verfügung. Das Referat wurde Ende 2021 gegründet und findet großen Anklang. So gab es allein im vergangenen Jahr 12.317 Beratungen, davon 1.530 schriftlich, 8.290 telefonisch und 2.497 persönlich. Die Top-Themen waren Karenz, Kinderbetreuungsgeld und Elternteilzeit. Zusätzlich zu den persönlichen und individuellen Beratungen wurde im Referat eine Reihe von analogen und digitalen Angeboten entwickelt. Das sind der Elternkalender, der digitale Kinderbetreuungsatlas und das Elternfrühstück.

Eine Aufgabe des Referats ist auch der Schutz vor Diskriminierungen, insbesondere aufgrund von Kinderbetreuungspflichten. Seit der Gesetzesänderung im November 2023 sind auch beispielsweise Väter, die aus diesem Grund Benachteiligungen oder Kündigungen erleben, vom Gleichbehandlungsgesetz umfasst und können in dem Referat Hilfe erwarten. Darüber hinaus werden die Juristinnen in die Begutachtungsphase bei allen Gesetzen, die ihre Bereiche betreffen, einbezogen und können in Stellungnahmen schon im Vorfeld auf Fallstricke oder mögliche Diskriminierungen aufmerksam machen.

WISSENSWERT

▪ AK Elternkalender
Im digitalen Elternkalender finden sich alle notwenigen Informationen zu Schwangerschaft, Karenz und Elternteilzeit. Interaktiv und persönlich werden die Eltern durch die Themen geleitet.

▪ AK Kinderbetreuungsatlas
Der digitale Kinderbetreuungsatlas bietet einen detaillierten Überblick über die Betreuungsmöglichkeiten für Kinder bis zehn Jahre in den 132 Kärntner Gemeinden mit allen Zusatzinformationen wie Öffnungszeiten oder Essensangeboten. Darin sind auch Ferienprogramme, Gemeindekooperationen und die Frühaufsicht in Volks- schulen erfasst.

▪ AK Elternfrühstück
Die Frühstücke für werdende Eltern finden in allen Bezirken statt. Darüber hinaus werden Eltern-Webinare zwischen 18 und 20 Uhr angeboten, damit auch Berufstätige teilnehmen können. Termine sind auf der Website verfügbar.

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