Eva Slamanig, Prokuristin und Leiterin des Bereichs Accounting, Finance, Taxes & Sustainability in der Kelag
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Eva Slamanig ist Prokuristin und Leiterin des Bereichs Accounting, Finance, Taxes & Sustainability in der Kelag. Bei advantage gibt sie Einblicke in die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens, nennt konkrete Ziele auf dem Weg zur CO2-Neutralität und welche Maßnahmen dafür umgesetzt werden.
advantage: „Nachhaltigkeit ist unsere DNA“ lautet ein Leitspruch der Kelag. Wie nachhaltig ist die Kelag?
Eva Slamanig: Die Kelag ist seit ihrer Gründung im Jahr 1923 ein nachhaltiges Unternehmen. Wasserkraft ist eine unserer Kernkompetenzen. Unsere Stromerzeugung erfolgt bereits zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energieträgern. Aber zum Kelag-Konzern gehört ja viel mehr: die Netzinfrastruktur, Wärmeerzeugung, Dienstleistungen wie E-Mobilität, PV-Lösungen, Smart Home oder der Ausbau des Breitbandnetzes. In allen Geschäftssegmenten ist Nachhaltigkeit sowohl auf der inhaltlichen, energiewirtschaftlichen Ebene als auch hinsichtlich sozialer und regulatorischer Aspekte fest verankert. Das neue Element ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Was sind die konkreten Ziele?
Die Kelag verpflichtet sich, bis 2040 in der gesamten Wertschöpfungskette Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu erreichen, also CO2-neutral zu werden. Darauf basieren unsere Strategie, unser gesamtes Investitionsprogramm sowie unser tägliches Handeln.
Wie schafft man die Umsetzung?
Diese Strategie ist für uns keine neue Richtung. Unser Unternehmenszweck ist dem Grunde nach bereits auf diese Zielsetzung ausgerichtet. Die Berichterstattung unterstützt die Sichtbarkeit. Dafür haben wir eine Sekundärorganisation implementiert. Eine Gruppe, die bei diesem Thema mit Herzblut dabei ist und es innerhalb der Organisation weiterträgt. Denn, das Gelingen der Dekarbonisierung ist kein Sprint, sondern ein Marathon, an dem alle Mitarbeitenden beteiligt sind. Dazu bauen wir erneuerbare Energiequellen, wie Wasser, Wind, Sonne und Biomasse gezielt aus und setzen uns aktiv für nachhaltiges Wirtschaften über unsere Unternehmensgrenzen hinweg ein. Wir sind stolz darauf, dass die weltweit renommierte Science Based Targets initiative (SBTi) die Emissionsreduktionsziele der Kelag als ambitioniert und realistisch anerkannt hat.
Eva Slamanig, Prokuristin und Leiterin des Bereichs Accounting, Finance, Taxes & Sustainability in der Kelag
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Sie haben 2024 erstmals einen ESRS-konformen Geschäftsbericht erstellt. Was bedeutet dies und wie aufwendig ist ein solcher Bericht?
Der Geschäftsbericht 2024 mit der integrierten Nachhaltigkeitserklärung ist ein sehr umfassendes Nachschlagewerk, der nur mit der Mitarbeit von vielen Unternehmensbereichen gelungen ist. Der ESRS-konforme Bericht basiert auf einer EU-Verordnung und muss nach einer vorgegebenen Struktur erstellt werden. Der Rahmen der Berichterstattung wird durch Fokusthemen gesetzt, welche vorab im Zuge einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse identifiziert werden. Klar definierte Kennzahlen sollen Greenwashing vermeiden.
Was kann man sich darunter vorstellen?
Man kann sie als Risikoanalyse mit Perspektivenwechsel verstehen. Klassisch werden die finanziellen Risiken betrachtet, mit denen das Unternehmen im Zuge der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit befasst ist. Die Wesentlichkeitsanalyse ergänztdiese „Outside-in-Sicht“ um die „Inside-Out-Perspektive“, bei der die Auswirkungen des Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft mitberücksichtigt werden. Dazu werden Auswirkungen, Risiken und Chancen der Geschäftstätigkeit dargelegt.
Können Sie Beispiele nennen?
Auf der Pro-Seite stehen beispielsweise die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, die Stärkung der regionalen und lokalen Wirtschaft, die Versorgungssicherheit mit lokalen Energieträgern und die Unabhängigkeit von teuren Energieimporten aus dem Ausland. Auf der Contra-Seite stehen etwa notwendige Eingriffe in die Natur im Zuge von Baumaßnahmen, die jedoch so schonend wie möglich und nach den höchsten Standards umgesetzt werden. Für jedes identifizierte, wesentliche Thema bedarf es einer klaren Strategie mit messbaren Zielen und entsprechenden Maßnahmen, die regelmäßig evaluiert werden.
Das heißt, auch erneuerbare Energiequellen werden auf Nachhaltigkeit hin geprüft?
Ja, auch bei der Errichtung erneuerbarer Energieerzeugungsanlagen wird auf die geringstmögliche Veränderung von Naturräumen geachtet. So werden beispielsweise Photovoltaikflächen als Schafweiden oder für die Hühnerzucht genutzt. Das sichert die ökologische Diversität und die Tiere haben wettergeschützte Bereiche unter den stromerzeugenden Modulen.
„Das Gelingen der Dekarbonisierung ist kein Sprint, sondern ein Marathon, an dem alle Mitarbeitenden beteiligt sind.“
Wie war es möglich, in relativ kurzer Zeit die notwendigen Daten zu erfassen und zu dokumentieren?
Durch unsere Sekundärorganisation, die in alle Geschäftsbereiche der Kelag hinein vernetzt ist, hatten wir bereits die perfekte Voraussetzung. So konnten wir die gewünschten Daten und Informationen aus insgesamt 110 Gesellschaften in 15 Ländern mit rund 2.000 Mitarbeitenden gezielt abrufen und aufbereiten.
Welche Erkenntnisse haben Sie daraus gewonnen?
Durch die nun klar definierten Daten können wir sichtbar machen, welchen Beitrag wir als Unternehmen leisten, indem wir ökologische, ökonomische und gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Wir konnten belegen, dass auch die vielen kleinen Maßnahmen wie flächendeckende Mülltrennung, Recyclingkonzepte, soziale Engagement-Maßnahmen oder spielerische Nachhaltigkeitsinputs – in einem großen Konzern hohe Wirkung erzeugen. Außerdem hat die gemeinsame Arbeit an dem Projekt ESRS-konforme Berichterstattung den sehr guten bereichsübergreifenden Zusammenhalt der Mitarbeitenden einmal mehr unter Beweis gestellt. Darüber hinaus haben wir im Rahmen der Berichterstattung viele Folgethemen, Projekte und Zwischenziele auf dem Weg zu einer leistbaren, erneuerbaren Energiezukunft definiert.
Können Sie dafür Beispiele nennen?
Zwischenziele auf dem Weg in die Energiezukunft sind beispielsweise konkrete Meilensteine bei einzelnen Infrastrukturprojekten wie die Einreichung zur Umweltverträglichkeitsprüfung für den Netzraum Mittelkärnten oder der Baubeginn für die Erhöhung des Wurtendamms im laufenden Geschäftsjahr. Darüber hinaus haben wir uns zum Beispiel vorgenommen, in den nächsten Jahren rund 40.000 neue Nutzungseinheiten im Glasfasernetz zu realisieren. Ein wiederkehrendes Thema ist die Aufrechterhaltung einer hohen Arbeitssicherheit, Schulungsprogramme für bestehende und neue Mitarbeitende werden laufend durchgeführt. All unsere Ziele und Maßnahmen haben eine Sache gemeinsam: Sie sind auf eine nachhaltige Energiezukunft ausgerichtet.
1. Die Kelag investiert bis 2035 rund 3,8 Milliarden Euro in die erneuerbare Energiezukunft. Schwerpunkte sind traditionell die nachhaltige Strom- und Wärmeerzeugung, E-Mobilität sowie Strom- und Glasfasernetze. Mit der Erhöhung des Wurtendamms (links) beispielsweise kann die Kraftwerksgruppe Fragant künftig noch effizienter geführt werden. © Kelag
2. Die Erneuerung des 110-kV-Netz Mittelkärnten (oben) ist eine wichtige Voraussetzung für die Weiterentwicklung des Wirtschafts- und Lebensraumes Mittelkärnten. © Kelag