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Wirtschaft
21.01.2025

WK appelliert: „Potenziale der Koralm­bahn nutzen!“

Die Eröffnung der Koralmbahn bietet eine historische Chance für Klagenfurt, doch der finanzielle Engpass der Stadt schränkt den Spielraum ein. Die Wirtschaftskammer fordert einen Neustart.

Die Inbetriebnahme der Koralmbahn rückt immer näher. In genau 327 Tagen werden Graz und Klagenfurt in nur 45 Minuten verbunden und die AREA SÜD mit rund 1,8 Millionen Menschen, 730.000 Beschäftigten und über 150.000 Unternehmen mit einer Wirtschaftsleistung von rund 70 Milliarden Euro wird Realität.

Angesichts dieser Entwicklung fordert die Wirtschaftskammer mehr Entschlossenheit von der Landeshauptstadt. „Klagenfurt hat die Chance, sich als Wirtschaftszentrum zu positionieren, aber die Stadtpolitik agiert ohne Plan und Vision“, kritisiert WK-Bezirksstellenobmann Franz Ahm. „Statt entschlossen zu handeln, wird gestritten, verzögert und verhindert – das kostet uns wertvolle Zeit und Chancen.“

 Finanzielle Schieflage

 Eines der größten Entwicklungshemmnisse für Klagenfurt ist die Finanzlage der Stadt. Aktuell fehlen 18,7 Millionen Euro zu einem ausgeglichenen Budget. Aufgrund dieser prekären Situation muss Klagenfurt derzeit nach der so genannten Zwölftelregelung wirtschaften – das bedeutet, dass monatlich nur ein Zwölftel des Vorjahresbudgets ausgegeben werden darf. Dies führt zu massiven Einschränkungen in allen Bereichen der Stadtentwicklung.

„Mit einer Stadt, die nur auf Sicht fahren kann, sind zukunftsweisende Investitionen unmöglich“, so Ahm. „Wir brauchen strategische Maßnahmen, um Gewerbeflächen zu entwickeln, Infrastrukturprojekte voranzutreiben und den Standort attraktiv zu machen – aber ohne finanziellen Spielraum bleibt all das auf der Strecke. Die politischen Entscheidungsträger müssen endlich Verantwortung übernehmen und die Stadtfinanzen nachhaltig konsolidieren, um Investitionen in die Zukunft zu ermöglichen“, fordert Ahm.

Junge Wirtschaft besorgt

Auch die Junge Wirtschaft Klagenfurt zeigt sich besorgt über die Entwicklungen und kritisiert die fehlende Strategie scharf. Bezirksvorsitzender Markus Sylle,  spricht von einer „vertanen Jahrhundertchance“, wenn nicht endlich gehandelt wird: „Wir haben bereits im Oktober 2023 mit unserer Wecker-Aktion eindringlich darauf hingewiesen, dass die Stadtpolitik ihre Hausaufgaben machen muss – doch passiert ist seither nichts.“

Bahnhof und Kongress­zentrum

Die Junge Wirtschaft fordert eine Reihe von konkreten Maßnahmen, um Klagenfurt fit für die AREA SÜD zu machen: ein attraktives Bahnhofsviertel als Aushängeschild der Stadt, bessere Anbindung der Innenstadt an den Bahnhof und die Entwicklung eines zeitgemäßen Radwegenetzes, ein modernes Veranstaltungszentrum für Tagungen Kongresse und Events sowie die Gründung einer Agentur für wirtschaftliche Entwicklung, um Leitbetriebe anzusiedeln, Flächen zu sichern und professionelles Standortmarketing zu betreiben.

„Wir haben jetzt die Chance, Klagenfurt zu einer modernen, zukunftsfähigen Stadt zu machen. Aber diese Chance gibt es nicht unbegrenzt.“

WK-Bezirksstellenobmann  Franz Ahm

Standortmarketing

Die fehlenden finanziellen Mittel machen sich bereits deutlich bemerkbar – vor allem beim Stadtmarketing. Gezielte Maßnahmen, um Klagenfurt als attraktiven Wirtschaftsstandort zu positionieren, fehlen gänzlich. Sylle: „Ein starkes Stadtmarketing braucht nicht nur gute Ideen, sondern vor allem ein ordentliches Budget. Ohne gezielte Investitionen in Standortmarketing und Veranstaltungen bleibt Klagenfurt für Besucher:innen und Unternehmen unsichtbar.“ Während andere Städte in den Ausbau ihrer Stärken investieren, werden in Klagenfurt bestehende Projekte und Initiativen aufgrund der finanziellen Situation auf Eis gelegt. „Standortmarketing ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, um Unternehmen, Investoren und Fachkräfte anzuziehen“, mahnt Sylle. „Wir brauchen eine gezielte Strategie, die Klagenfurt als modernen, lebenswerten und wirtschaftsfreundlichen Standort präsentiert. Ohne klare Maßnahmen verlieren wir den Anschluss.“

Niedrige Erwartung­en

 Die Klagenfurter Konjunkturumfrage vom November 2024 zeigt, dass die Unternehmen heuer wenig positive Impulse erwarten. Die Mehrheit rechnet mit einer schlechteren Auftragslage und damit auch mit sinkenden Umsätzen. Die Zufriedenheit mit dem Wirtschaftsstandort lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Die Entfremdung zwischen Politik, Verwaltung und den Unternehmen in Klagenfurt scheint groß zu sein. Über 80 Prozent der Befragten stellen der Unternehmerfreundlichkeit der Landhauptstadt ein nicht zufriedenstellendes Zeugnis aus. WK-Bezirksstellenleiter Markus Polka: „Eine so verheerende Bewertung kann nicht ignoriert werden. Es braucht einen Dialog auf Augenhöhe. Die Unternehmen dürfen nicht immer nur Bittsteller sein, sondern müssen aktiv in Planungs- und Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Wir brauchen eine effiziente, transparente und unternehmerfreundliche Verwaltung.“

 Geringe Erwartungen haben die Klagenfurter Unternehmen auch an die Koralmbahn: Zwei Drittel glauben laut Konjunkturumfrage nicht an Vorteile für den eigenen Betrieb. „Das ist ein alarmierendes Zeichen und bestätigt, dass die Stadt Klagenfurt dringend in die Gänge kommen muss. Die Koralmbahn ist eine Jahrhundertchance für unsere Stadt. Jetzt ist entschlossenes Handeln anstatt reiner Ankündigungspolitik gefragt. Ein Weiter-wie-bisher ist nicht nur keine Option mehr – es ist eine ernsthafte Bedrohung für die wirtschaftliche Zukunft Klagenfurts.

Dringender Appell

Die Wirtschaftskammer und die Junge Wirtschaft appellieren an die Verantwortlichen, die AREA SÜD endlich als Chance für nachhaltiges Wachstum zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu setzen. Die Konkurrenz schläft nicht – andere Städte sind bereits in der Umsetzung und investieren gezielt in die Zukunft. „Wir haben jetzt die Chance, Klagenfurt zu einer modernen, zukunftsfähigen Stadt zu machen“, fasst Ahm zusammen. „Aber diese Chance gibt es nicht unbegrenzt. Ohne rasches Handeln wird Klagenfurt den Anschluss verlieren – und das können wir uns nicht leisten.“ Zu aktuellen Neuwahlspekulationen will sich Ahm nicht äußern, aber: „Es ist wohl jedem klar, dass diese Stadt einen Neustart braucht.“

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