„Die Area Süd ist für die Industrie eine Jahrhundertchance. Wir werden alles daran setzen, dass der Standort wieder an Fahrt aufnimmt.“
WK: Velmeden als Obmann der Sparte Industrie bestätigt
Die Sparte Industrie fungiert als gesetzliche Interessenvertretung aller Kärntner Industriebetriebe. Kürzlich wurde Michael Velmden (CMS Electronics) als Spartenobmann bestätigt. Robert Kanduth (Green One Tec), Josef Pacher (Dolomit Eberstein Neuper GmbH) und Reinhard Draxler (KELAG) sind seine Stellvertreter. „Wir werden uns weiter für die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Kärnten einsetzen. Die aktuelle Situation ist wirklich besorgniserregend. Die Angst vor Deindustrialisierung, Beschäftigungsabbau und weiteren Produktionseinbußen ist berechtigt. Mit Maßnahmen seitens der Politik könnte diese Entwicklung aber eingebremst werden“, so Velmeden.
Alarmstufe Rot bei Kärntens Industrie
Nach den jüngsten Einbrüchen ist die Industrieproduktion 2024 um weitere 6,2 Prozent gesunken. Österreichweit gab es um 128 Mrd. Euro weniger neue Fertigungsaufträge als noch im Jahr zuvor. Besonders betroffen sind die Branchen Fahrzeugindustrie, Bergwerk und Stahl sowie Elektro- und Elektronikindustrie – allesamt energieintensive Branchen, die aufgrund der hohen Energiekosten nicht mehr kostendeckend arbeiten können. „Auch wir in Kärnten haben längst die Alarmstufe Rot erreicht“, so Michael Velmeden.
Industriestandort und Arbeitsplätze sichern
Hohe Energiekosten, überbordende Bürokratie und steigende Lohnkosten machen den Kärntner Industriebetrieben weiter zu schaffen. „Das muss jetzt auch bei den Kollektivvertragsverhandlungen und der Gewerkschaft zum Tragen kommen. Nur eine starke Wirtschaft schaffe Stabilität und könne das Bilanzdefizit der Regierung in die Schranken weisen. Aber dafür brauchen wir konkurrenzfähige Lohnstückkosten, um am globalen Markt eine Chance zu haben.“ Steigen die Kosten weiter nach oben, werden Industriebetriebe abwandern und Arbeitsplätze gestrichen. „Unsere Betriebe tun alles dafür, um den Mitarbeiterstand zu halten, aber die Situation darf sich durch die Kosten nicht weiter verschlimmern.“
115.000 Arbeitsplätze im Bundesland (im servoindustriellen Bereich). „Das bedeutet, dass jeder zweite Arbeitsplatz in Kärnten von der Industrie abhängt“, erklärt Velmeden. Für Wohlstand und Wertschöpfung brauche es nun schnelle Lösungen. Die Kostennachteile in Österreich seien für die Betriebe nicht mehr lange tragbar.
Bürokratische Hürden abbauen
Die neuen zusätzlichen US-Zölle treffen die Industrie ebenfalls hart. Und das nicht nur direkt, sondern auch indirekt durch US-Zölle gegen andere Handelspartner wie Mexiko, Kanada, China oder Japan. Der Außenhandel ist stark zurückgegangen. Österreichweit gab es 10 Mrd. Euro weniger Export. Die Industrie steckt im dritten Jahr in der Rezession – und für 2025 ist keine Verbesserung in Sicht.
Zölle, Gasimporte, EU-Regelungen. Immer wieder werden Industriebetriebe vor neue Herausforderungen gestellt. So beschäftigt aktuell einige Kärntner Betriebe das geplante EU-Verbot von per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, kurz PFAS genannt. Unter diesem Begriff werden mehr als 10.000 Chemikalien zusammengefasst, die pauschal verboten werden sollen. Zum einen kommen diese in Kosmetik, Kleidung oder Gebrauchsgegenständen vor, zum anderen werden bestimmte PFAS in der Industrie für technische Prozesse gebraucht, wie für die Herstellung von Halbleitern, Brennstoffzellen oder Lithium-Ionen-Batterien. „Als Industrie lehnen wir ein pauschales Verbot strikt ab. Es muss hier stärker differenziert werden. Jene PFAS, die wir in der Industrie einsetzen, sind chemisch stabil. Ein Verbot macht keinen Sinn. Insbesondere weil es für bestimmte PFAS einfach keine Alternativen gibt und anders nicht produziert werden könnte“, klärt Velmeden auf.
Jahrhundertchance Koralmbahn nutzen
Mit der Koralmbahn verschmelzen Kärnten und die Steiermark zum zweitgrößten Wirtschaftsraum Österreichs. „Die Area Süd ist für die Industrie eine Jahrhundertchance. Wir werden alles daran setzen, dass der Standort wieder an Fahrt aufnimmt. Wenn die Politik jetzt die Weichen und Rahmenbedingungen richtigstellt, könnten wir bald in Europa eine bedeutende Rolle spielen. Jetzt ist die Zeit für schnelle Lösungen, Entlastungen und mutige Entscheidungen gekommen. So wie bisher können wir nicht weiter machen“, sagt Velmeden.
Gute Rahmenbedingungen schaffen
Forschung, Entwicklung und Ausbildung sind die Stärken des Industriestandortes Kärnten. „Unsere Industriebetriebe zeichnen sich durch Pioniergeist und Innovationskraft aus. Diese kann sich allerdings nur entfalten, wenn es dazu auch die entsprechenden Rahmenbedingungen gibt. Kärnten hat bereits genug an Wirtschaftsleistung, Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung eingebüßt. Von den letzten 24 Monaten waren 23 Monate in der Industrieproduktion rückläufig. „Wirksame Maßnahmen gegen den Negativtrend sind eine Eindämmung der Strom- und Energiekosten, der Lohnnebenkosten sowie schnellere Verfahrensabwicklungen und Bürokratieabbau zum Beispiel durch Digitalisierung.“ Auch CO2-Kostenentlastung für Exporte, Unabhängigkeit bei Gasimporten und Kurzarbeit sind Forderungen an die Politik.