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Wirtschaft
06.02.2025

WK fordert Entlastungen für EPU

Die Wirtschaftskammer baut ihre „ALL IN ONE“-Initiative für Ein-Personen-Unternehmen weiter aus und verlangt Unterstützung seitens der Regierung.

Die 360.000 österreichischen Ein-Personen-Unternehmen (EPU) sind eine tragende Säule der heimischen Wirtschaft. Auch in Kärnten wächst die Zahl der EPU laufend an – 2024 gab es 23.200 EPU, was mehr als 60 % aller Unternehmen entspricht. Im Rahmen einer Pressekonferenz wurden kürzlich die Ergebnisse einer Umfrage des MARKET-Instituts präsentiert. Die von der Wirtschaftskammer Österreich in Auftrag gegebene Studie wurde im Rahmen des aktuellen EPU-Stimmungsbarometers durchgeführt. Dabei wurden 1.400 österreichische Ein-Personen-Unternehmen online zu ihrer aktuellen Stimmungslage und ihren Zukunftserwartungen, zu den Serviceleistungen der WKÖ und zu ihren Forderungen an die Politik befragt.

„Kärntens EPU leisten täglich Herausragendes für den Wirtschaftsstandort – und das oft auch über das Pensionsalter hinaus. Sie verdienen nicht nur höchste Anerkennung, sondern auch die bestmögliche Unterstützung. Das selbst gewählte Geschäftsmodell, das meist im Haupterwerb und Vollzeit ausgeübt wird, ist längst keine Modeerscheinung mehr, sondern ein unverzichtbarer Teil der Wertschöpfungskette der Kärntner Wirtschaft“, so WK-Präsident Jürgen Mandl bei der Pressekonferenz.

„Es braucht dringend steuerliche Entlas­tungen und eine Entbüro­kratisierung für EPU.“

Jürgen Mandl, WK-Präsident

Innovationstreiber und Wirtschaftsmotoren

 
Wie wichtig Ein-Personen-Unternehmen für die heimische Wirtschaft sind, ist offensichtlich. Sie machen österreichweit bereits mehr als die Hälfte der Unternehmen aus und fungieren als Innovationstreiber und regionale Wirtschaftsmotoren zugleich. „EPU werden nicht aus der Not heraus gegründet, sondern aufgrund einer bewussten Entscheidung“, betont Mandl. Um größere Auftragsvolumina bewältigen zu können, arbeiten viele von ihnen eng mit Partnern zusammen. Mandl: „So können sie punktgenau auf größere Kunden reagieren und eine Wertschöpfung generieren, die alleine nicht möglich wäre.“
 
Jedoch sind Selbstständige mit einer Reihe an Herausforderungen konfrontiert, die sie in ihrem Tun bremsen: Bürokratie und hohe Steuerbelastung. Um ihr Potenzial voll auszuschöpfen und den „Turbo“ zu zünden, appelliert Mandl an die Politik – und fordert eine gezielte Unterstützung. „Es braucht dringend steuerliche Entlastungen und eine Entbürokratisierung für EPU“, so der WK-Präsident. Vor allem Solo-Selbstständige leiden unter den enormen regulatorischen Anforderungen. Diesbezüglich begrüßt Mandl die Vorstellung des EU-Wettbewerbskompasses, der den EPU zugutekommen könnte, indem er bürokratischen Aufwand reduziert.

„Mit mehr als 60 % sind EPU eine entschei­dende Wirtschafts­kraft in Österreich. Sie stärken mit ihren vielfältigen Produkten und Dienst­leistungen Branchen und Regionen.“

Carmen Goby, Vizepräsidentin WKÖ

Resilienz und Flexibilität

 
Trotz aller Schwierigkeiten zeigen die Ergebnisse der Umfrage, dass das unternehmerische Mindset bei Österreichs kleinsten Unternehmen selbst in fordernden Zeiten ungebrochen ist. „EPU sind Alleskönner, die alles können, planen und schaffen – sozusagen ‚ALL IN ONE‘. Mit mehr als 60 % sind sie eine entscheidende Wirtschaftskraft in Österreich. Sie stärken mit ihren vielfältigen Produkten und Dienstleistungen Branchen und Regionen“, so Carmen Goby, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).
 
Von den befragten EPU würden sich laut Stimmungsbarometer 75 % erneut für die Selbstständigkeit entscheiden. 43 % blicken optimistisch in die Zukunft und 28 % sehen einen wirtschaftlichen Aufwärtstrend. Eva Heckl, Senior Researcher der KMU Forschung Austria und Leiterin des EPU-Monitorings: „Im Vergleich zur letzten Erhebung vor einem Jahr sehen wir kaum eine Veränderung: Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage für EPU spiegeln sie unternehmerischen Willen und starke Resilienz wider.“
 
Bemerkenswert ist die hohe Flexibilität der Ein-Personen-Unternehmen: Während 70 % weiterhin allein arbeiten wollen, kann sich fast ein Viertel vorstellen, in Zukunft Mitarbeiter:innen einzustellen. Viele Unternehmer:innen bleiben auch über das Pensionsalter hinaus aktiv – was den Trend der „Silverpreneure“ unterstreicht. Trotzdem sind die wirtschaftlichen Herausforderungen laut Heckl nicht zu übersehen. „77 % der EPU kämpfen mit steigenden Kosten, vor allem bei Energie und Material. Zwar konnten einige Unternehmen ihre Preise anpassen, aber die Gewinnmargen bleiben vielerorts unter Druck.“

„Trotz der angespannten wirtschaft­lichen Lage für EPU spiegeln sie unter­nehmerischen Willen und starke Resilienz wider.“

Eva Heckl, Leiterin des EPU-Monitorings

Anhaltender Gründerboom

 
Auch in Kärnten wird weiterhin fleißigst gegründet: 2024 waren 23.200 Personen Chef:in und Mitarbeiter:in zugleich. Damit macht dieser Sektor mittlerweile 60,27 % aller heimischen Betriebe aus – 2023 waren es noch 22.590 EPU bzw. ein Anteil von 59,94 %. Nicole N. Mayer, Vorsitzende des Beirates für EPU, erklärt: „Der anhaltende Gründerboom zeigt, dass viele Menschen die Selbstständigkeit als Einkommensquelle für sich entdecken. Dabei steigt der Anteil der Nebenerwerbsunternehmer, was auf ein wachsendes Interesse an flexiblen Arbeitsmodellen hinweist.“ Bei den Branchen dominieren Gewerbe, Handwerk und Handel, gefolgt von der Sparte Information und Consulting. Der Frauenanteil beträgt 48 %, das Durchschnittsalter liegt bei 54 Jahren. Mayer: „Es zeigt sich auch, dass die Unternehmen international ausgerichtet sind: 26 % exportieren Waren oder Dienstleistungen über die Landesgrenzen hinaus.“ Die wirtschaftliche Lage bleibt dennoch angespannt. Während 41 % der Kärntner EPU einen weiteren Konjunkturrückgang erwarten, blicken 43 % zuversichtlich in die Zukunft.

„ALL IN ONE“ für Alleskönner

 
Um die heimischen EPU noch besser zu unterstützen, hat die Wirtschaftskammer Österreich ihre Offensive „ALL IN ONE“ weiter ausgebaut. Der Fokus liegt auf Digitalisierung, Export- und Innovationsförderung. 69 % der EPU nutzen die Services der WKÖ bereits  – Tendenz steigend. Gefragt sind vor allem digitale Weiterbildungsangebote, praktische Ratgeber und Online-Tools, die den Arbeitsalltag erleichtern. Die hohe Zufriedenheit mit den bestehenden Serviceleistungen – 90 % bewerten die Angebote positiv – zeigt, dass diese Unterstützung gut angenommen wird.

„Kärntens EPU leisten täglich Heraus­ragendes für den Wirtschafts­standort. Sie verdienen nicht nur höchste Aner­kennung, sondern auch die best­mögliche Unter­stützung.

Jürgen Mandl, WK-Präsident

Appell an die Politik

 
WKÖ-Vizepräsidentin Carmen Goby zufolge muss die Stärkung der EPU auch im neuen Regierungsprogramm verankert werden: „Ein erster Erfolg war die Anhebung der Kleinunternehmerregelung von 35.000 auf 55.000 Euro. Die Forderung nach einer weiteren Erhöhung auf 85.000 Euro bleibt bestehen.“ Solo-Unternehmer:innen fordern gezielte wirtschaftliche Impulse, um ihre Existenz nachhaltig abzusichern. Im Fokus steht dabei die Entlastung durch eine Einkommensteuersenkung, insbesondere durch eine Abmilderung der Progression, die von 62 % der Befragten unterstützt wird. Weitere Schwerpunkte sind die Reduzierung der Lohnnebenkosten (45 %) sowie die Erhöhung des Gewinnfreibetrages auf 100.000 Euro (41 %). 41 % der EPU wünschen sich außerdem eine deutliche Reduktion der bürokratischen Form- und Meldepflichten, um administrative Hürden zu minimieren und die unternehmerische Tätigkeit effizienter gestalten zu können.
 
Daneben müssen auch das Gesundheitssystem und die soziale Absicherung von Selbstständigen verbessert werden. Die aktuellen Regelungen zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung seien zu starr, außerdem solle die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 2.000 Euro angehoben werden. Weiters gefordert wird ein erweiterter Vorsteuerabzug für betrieblich genutzte Fahrzeuge. Goby: „Als WKÖ ist es unsere Aufgabe, weiterhin dafür zu sorgen, dass die EPU auch in Zukunft bestmögliche Bedingungen vorfinden, um die Zukunft mutig gestalten zu können.“

„Der anhaltende Gründerboom zeigt, dass viele Menschen die Selbst­ständigkeit als Einkommens­quelle für sich entdecken.“

Nicole N. Mayer, Vorsitzende des Beirates für EPU
V. l.: Jürgen Mandl, Präsident der WK Kärnten, Carmen Goby, Vizepräsidentin der WKO, Nicole M. Mayer, Vorsitzende des Beirates für EPU, Eva Heckl, KMU Forschung Austria und Herwig Draxler, Leiter der Wirtschaftspolitik bei der Pressekonferenz zur Präsentation der Umfrage des MARKET-Instituts. © WKK I Peter Just
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