„Als ich wegging, wurde ich belächelt, doch heute bewundern mich viele für meinen Mut, alleine ins Ausland zu reisen“.
Z’rück Kärnten: Kindheit, Komfort, Karriere
Gerade in jungen Jahren fällt die Entscheidung, die Heimat zu verlassen, meist nicht allzu schwer: Ein spezifisches Studium, der ersehnte Traumjob oder die simple Neugier auf Neues treiben einen fort ins Abenteuerliche und Unbekannte. Im advantage-Interview sprechen Betroffene über individuelle Beweggründe und Wege der Rückkehr sowie darüber, warum diese wohl nie eine vollkommene ist.
Kärnten ist nicht die Welt
Der heute in der Nähe von Gmünd lebende Adi Leitner (37) verließ Kärnten in 2010, um seinem Wunsch die Welt zu sehen, über seine Leidenschaft der Filmerei nachzugehen. Nach einer filmtechnischen Ausbildung in Wien war er zunächst Freiberufler und verbrachte für die Produktion von Reisefilmen einige Zeit im Ausland. Sein Weg führte ihn daraufhin nach Salzburg zu Red Bull, wo er weitere sechs Jahre lang in ein sehr professionelles Umfeld aus Sport und Medien eintauchte: „Die Zusammenarbeit mit internationalen Kolleg:innen, das Realisieren von Medien- und Filmproduktionen auf der ganzen Welt und die Lösung von technischen und organisatorischen Problemen trugen zu meiner menschlichen und fachlichen Entwicklung bei.“
Die Sehnsucht nach der Ferne – hier ein Ausbruch aus einer Welt, „in der jeder jeden kennt“, führte auch Julia Stofner (32) aus Dellach/Drautal bereits als 19Jährige ins Ausland. In einem 5-SterneHotel in Griechenland genoss sie als Kinder- und Showanimateurin der TUI Deutschland mehrere Monate lang die Vielfalt internationaler Gäste, arbeitete im Kinderclub sowie auf der Bühne. In insgesamt sieben Jahren auswärts reiste sie durch Europa, arbeitete im TV und in einer Kinderklinik: „Meine Zeit im Ausland war für meine persönliche Entwicklung entscheidend. Ich wurde selbstständig, lernte verschiedene Sprachen und knüpfte weltweite Freundschaften. Noch heute profitiere ich von großartigen Sing-, Tanz- und Moderationstrainings.“
Vom kleinen Kärnten in die große Stadt
Während die einen die Welt bereisen wollen, reizt manch andere ein exotisches Studium. Robin Hintner (30) aus Klagenfurt verließ Kärnten nach dem Zivildienst, um zunächst Biologie in Graz und anschließend Wildtierökologie und -management an der Universität für Bodenkultur in Wien zu studieren. Seine vielfältigen Nebenjobs in einer Gärtnerei, als Barkeeper, im Büro der Spanischen Hofreitschule und als wissenschaftlicher Mitarbeiter prägen Robin bis heute: „Durch den ständigen Austausch mit Menschen aus anderen Regionen und Ländern lernt man Offenheit und Toleranz gegenüber variantenreichen Lebensstilen und Kulturen”. Im Laufe dieser neun Jahre außerhalb seiner Heimat habe er “als ehemaliges Dorfkind” vor allem immer die Anonymität der Großstadt geschätzt: “Sie vermittelt ein Gefühl von Freiheit”.
Lebensqualität und Entschleunigung
So unterschiedlich unsere Interviewten und ihre Erfahrungen auch sind, so haben mittlerweile doch alle drei ihren Weg zurück nach Kärnten gefunden. Robin entschied sich eher als geplant für eine Rückkehr von Wien nach Kärnten: „Der Hauptgrund war die Covid-19-Pandemie. Ich habe mich irgendwie nicht mehr wohl gefühlt und wollte wieder in die Heimat.“ Heute wohnt der in Steinfeld (Oberkärnten) Aufgewachsene in Klagenfurt und ist als Biologe bei der Landesregierung tätig: „Nachdem die Berufsauswahl für Biologen in Kärnten bescheiden ist, ergaben sich nur wenige Perspektiven. Aus diesem Grund habe ich mich für ein Praktikum beim Amt der Kärntner Landesregierung beworben. Daraus entwickelte sich nach ein paar Monaten eine befristete Anstellung.“
„Mittlerweile geht mir die Großstadt auch ein wenig ab, aber für mich überwiegen die Vorteile – man kommt ja schließlich nach Hause.“
Entschleunigung und eine hohe Lebensqualität wusste auch Julia schon immer zu schätzen: „Generell wusste ich, irgendwann will ich wieder zurück.“ Heute arbeitet sie als Pädagogin in einer Kita: „Ich liebe den Job mit den Kindern. Nebenbei gehe ich meiner Arbeit als Tanzlehrerin, Sängerin und Podcasterin nach.“ Ihre Rückkehr nach Hause gestaltete sich durch die Unterstützung ihrer Familie als schnell und unkompliziert, eine Arbeit habe sie durch ihre umfangreichen Fähigkeiten schnell gefunden: „Ich wurde herzlich aufgenommen. Als ich wegging, wurde ich belächelt, doch heute bewundern mich viele für meinen Mut, alleine ins Ausland zu reisen“.
Familie und Freundschaft
Den Wunsch der Nähe zur Familie haben die drei gemeinsam. So war für Adi die Gründung einer eigenen ein ausschlaggebender Grund zur Rückkehr: „Ich schätze die Art und Weise, wie ich in einer ländlichen Umgebung aufgewachsen bin. Das wünsche ich mir auch für meine zwei Söhne. Aktuell errichten wir unser Eigenheim direkt neben meinem Elternhaus in einer nachbarschaftlichen, hilfsbereiten Umgebung. Das ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr und dafür bin ich dankbar.“ Beruflich fühlt sich Adi aktuell gut bei Infineon in Villach aufgehoben, parallel ist er als Kameramann tätig und kann seiner Leidenschaft auch von Kärnten aus nachgehen.
„Internationale Zusammenarbeit, das Produzieren von Film und Medien auf der ganzen Welt trugen zu meiner menschlichen und fachlichen Entwicklung bei.“
„Daham is daham“
Wenn es um die Rückkehr in die Heimat geht, raten unsere Interviewten dazu, sich in Sachen Beruf und Wohnort wirklich sicher zu sein, sich vorab gut über (berufliche) Möglichkeiten zu informieren und keine Angst davor zu haben, Hilfe anzunehmen. “Wo ein Wille ist, ist ein Weg” – manchmal mit Kompromissen: „Die längeren Wegstrecken im ländlichen Raum waren für mich zunächst eine Herausforderung“, erklärt Adi. Auch Robin reflektiert: „Mittlerweile geht mir die Großstadt auch wieder ein wenig ab. Aber die Vorteile überwiegen – man kommt schließlich nach Hause.“ Dass Julia die Tage im Ausland als „die coolste Zeit in ihrem Leben“ anerkennt, zeigt uns vor allem eines: Auch wenn das Herz der Heimat Kärnten gehört, so bleibt ein Stück davon für immer auch woanders.
1. Julia Stofner ist heute Pädagogin in einer Oberkärntner Kita (Greifenburg). Gleichzeitig beschäftigt die vielseitig Begabte ihren kreativen Geist als Tanzlehrerin, Sängerin und Podcasterin. © Privat
2. Robin Hintner hat mit seinem exotischen Studium der Wildtierökologie und Wildtiermanagement seinen Weg von Graz nach Wien und schließlich zurück nach Kärnten gefunden. © Privat
3. Adi Leitner geht seiner Leidenschaft auch von Kärnten aus nach: Er ist heute bei Infineon in Villach und parallel als Kameramann tätig. © Vladyslav Neikovych