„Jugendliche, die heute eine Lehre absolvieren, finden beste Jobchancen und Karrieremöglichkeiten vor. Karriere mit Lehre gewinnt immer mehr an Bedeutung.“
Zukunftsthema Lehre – Erfolgsweg für Betriebe und junge Talente
Aktuell gibt es mehr als 200 verschiedene gewerbliche, industrielle und dienstleistungsorientierte Lehrberufe in Österreich – vom Bootsbau bis hin zur Zerspanungstechnik. Um zeitgemäß zu bleiben, werden sogenannte Lehrberufspakete erlassen. Dabei geht es sowohl um die Modernisierung von Berufen als auch um die Schaffung neuer Berufe. So wurden in diesem Jahr beispielsweise die Lehren „Faserverbundtechniker:in“, „Klimagärtner:in“ und „Fernwärmetechniker:in“ neu implementiert. Ergänzend dazu, hat sich in den vergangenen Jahren einiges bewegt. Benno Tosoni, Leiter der Lehrlings-, Meisterprüfungs- und Ingenieur-Zertifizierungsstelle der Wirtschaftskammer Kärnten bringt es auf den Punkt: „Absolvent:innen von Lehrausbildungen stehen zukünftig neben ohnehin schon ausgezeichneten Job- und Verdienstperspektiven auch interessante bedarfsorientierte neue Ausbildungswege offen.“
Lehre ist nicht gleich Lehre
Mit der Ausbildung der Fachkräfte von morgen übernehmen Betriebe nicht nur eine besondere Verantwortung. Es kommen auch verschiedenste Herausforderungen, abhängig von der Sparte und den Auszubildenden hinzu. Um diese bestmöglich zu meistern, gibt es mittlerweile zahlreiche Varianten der Lehrausbildung. Nicht nur bei der Dauer – diese beträgt je nach Lehrberuf zwischen zwei bis vier Jahren – zeigen sich Unterschiede. Ob Lehre mit Matura, Lehre nach der Matura oder Duale Akademie: Maßgeschneidert für die Bedürfnisse der Jugendlichen, aber auch der Betriebe werden neben der klassischen Lehre vielfältige Ausbildungsmodelle angeboten.
Förderungen für Lehrbetriebe
Für Lehrbetriebe gibt es zudem unterschiedlichste Maßnahmen, die eine Ausbildung von Lehrlingen fördern. So bietet die WK auf Rechnung des Bundes neben einer Basisförderung u. a. auch Coachings, Beratungen und Weiterbildungsmöglichkeiten für Ausbildner:innen oder die Kostenerstattung für die Unterbringung der Lehrlinge. Auch von Seite des Arbeitsmarktservice (AMS) gibt es diverse Fördermöglichkeiten. Unterstützt werden in erster Linie Auszubildende, die aus diversen Gründen (Vermittlungshemmnissen) am Arbeitsmarkt benachteiligt sind. Eine spezielle Förderung ist das FIT-Programm (Frauen in Handwerk und Technik), das darauf abzielt, den Anteil an weiblichen Lehrlingen in klassisch männerdominierten Berufen (Frauenanteil unter 40 %) zu steigern.
Win-Win-Situation
Auch durch formale Aufwertungen gewinnt die Lehre weiter an Stellenwert. Der handwerkliche Meisterabschluss und der Bachelor sind demnach gleichwertig. Absolvent:innen von Meister- und handwerksähnlichen Befähigungsprüfungen dürfen seit 2020 bzw. 2024 zudem den Titel „Meister“ führen und diesen in öffentlichen Urkunden eintragen lassen. Das Sichtbarmachen von berufsspezifischen Spitzenleistungen sorgt ebenfalls dafür, dass der Ausbildungsweg der Lehre immer attraktiver wird. An vorderster Stelle seien die Berufsweltmeisterschaften (World Skills) genannt, die besonders engagierten Lehrlingen eine internationale Bühne bieten. Christian Kolbl, Leiter der Lehrlings-, Meisterprüfungs- und Ingenieur-Zertifizierungsstelle der WKO Steiermark über die Lehrlingsausbildung: „Jugendliche, die heute eine Lehre absolvieren, finden beste Jobchancen und Karrieremöglichkeiten vor. Karriere mit Lehre gewinnt immer mehr an Bedeutung.“
Karl-Heinz Snobe, AMS Steiermark
© Chris Zenz
Vorzüge aufzeigen
Mit Stichtag 31.12.2023 waren in Kärnten 7362 Lehrlinge in 2213 Betrieben in Ausbildung. Davon absolvierten 833 parallel die Berufsreifeprüfung, um nach der Lehre auch die Möglichkeit zu haben, ein Studium zu beginnen. Von den 7362 Lehrlingen verfügten 321 (4,4 Prozent) zum Zeitpunkt des Lehrantritts bereits über eine Matura. Dieser Anteil steigt tendenziell, es sind aber weiterhin große Anstrengungen notwendig, um die Jugendlichen und deren Eltern von den vielen Vorzügen der Kombination „Lehre und Matura“ zu überzeugen. Peter Wedenig, Geschäftsführer AMS Kärnten: „Der Fachkräftemangel ist gekommen, um zu bleiben. Umso wichtiger wird es da für Unternehmen, Lehrlinge selbst auszubilden, um für qualifizierte Nachwuchskräfte zu sorgen.“
„Absolvent:innen von Lehrausbildungen stehen zukünftig neben ohnehin ausgezeichneten Job- und Verdienstperspektiven auch bedarfsorientierte neue Ausbildungswege offen.“
Mehr Lehrstellen als Lehrlinge
In der Steiermark befanden sich mit Stichtag 31.12.2023 insgesamt 15.318 Lehrlinge in 4.955 steirischen Betrieben in Ausbildung. Wie auch in Kärnten besteht in der Steiermark nach wie vor ein Überhang an offenen Stellen gegenüber den Suchenden und die Auszubildenden sind angesichts des allgegenwärtigen Fachkräftemangels ein knappes und somit wertvolles Gut. „Der größte Stellenwert der Lehre ist die Praxisorientierung. Junge Menschen erhalten die Chance, wirklich Verantwortung zu übernehmen. Wir sehen auch, dass gerade die duale Ausbildung nach oben hin keine Einbahnstraße mehr ist, sondern alles offen steht“, betont Karl-Heinz Snobe, Geschäftsführer AMS Steiermark.
Vernetzung durch die Koralmbahn
Mit der Vollinbetriebnahme der Koralmbahn entsteht nicht nur der zweitgrößte Wirtschaftsraum Österreichs, es wird auch eine neue Ära in punkto Fachkräfte und Arbeitsmarkt in Südösterreich eingeläutet. Um die Potenziale für Kärnten und die Steiermark optimal zu nutzen, setzt das AMS bereits jetzt stark auf Vernetzung. „Für 2025 ist eine Konferenz mit den AMS-Geschäftsstellen, die im Bereich der Koralmbezirke von Villach bis Graz liegen, geplant. Wir wollen uns gemeinsam mit den Anpassungen und Chancen auseinanderzusetzen“, so die beiden AMS-Geschäftsführer abschließend.
Peter Wedenig, AMS Kärnten
© Knauder
WISSENSWERT
Der Arbeitsmarkt in Österreich wird sich stark verändern. Der Bedarf an Fachkräften steigt deutlich, gleichzeitig sinkt die Zahl der Erwerbstätigen – u. a. eine Folge des demografischen Wandels. Bis 2040 werden in Österreich rund 363.000 zusätzliche Arbeitskräfte benötigt. Dem Berufsweg der Lehre kommt in diesem Kontext eine zentrale Bedeutung zu.