Stefan Deutschmann, Bürgermeister Grafenstein
© Jagoutz
„Alles mit Maß und Ziel“, sagt Stefan Deutschmann, Bürgermeister der Marktgemeinde Grafenstein. „Selbstverständlich verschließen wir uns den neuen Entwicklungen nicht. Aber es ist jedem selbst überlassen, ob er sie nutzt oder nicht.“ „Die Menschen kommen nach wie vor gern aufs Gemeindeamt“, weiß Deutschmann. Und das sei ziemlich altersunabhängig. Auch Jüngere bevorzugen in manchen Fällen den direkten Kontakt. Bauangelegenheiten beispielsweise seien ein solcher Bereich, obwohl es möglich wäre, die Pläne hochzuladen und die Formalitäten digital abzuwickeln. Soziales und alle Fälle, in denen es der Beratung bedürfe, finden nach wie überwiegend im persönlichen Gespräch statt. Sämtliche Formulare seien online verfügbar, können aber auch abgeholt werden. Alle seien eben nicht so technikaffin, sie sollen die gleichen Möglichkeiten vorfinden wie jene, die lieber alles von zu Hause aus per Mausklick machen, so der Bürgermeister. „Wer möchte, kann heute auf unserer Gemeinde alles digital erledigen“, sagt Deutschmann. „Fast alles“, fügt er hinzu. „Zum Heiraten müssen die Leute nach wie vor persönlich aufs Standesamt kommen“, lacht er.
Stefan Deutschmann, Bürgermeister Grafenstein
© Jagoutz
Hilfe bei Digitalisierung
Unterstützung bei ihren Schritten in die Digitalisierung finden die Kommunen beim Gemeinde-Servicezentrum (GSZ). Es ist bemüht, den Gemeinden immer neue Tools und Möglichkeiten vorzustellen, dient aber auch als Ansprechpartner, wenn eine Kommune von sich aus ein Anliegen hat und beratende Unterstützung braucht. „Vieles ist schon umgesetzt, ebenso viele Bereiche stehen vor der Digitalisierung“, erzählt der Geschäftsführer des GSZ, Michael Sternig. So gab es beispielsweise für die Installation unterschiedlicher Apps Förderungen. Um das Marketing, diese Anwendungen bekannt zu machen, mussten sich die Gemeinden selbst kümmern.
Michael Sternig, Geschäftsführer GSZ
© Salbrechter
Digitale Leuchttürme
Gerade gestartet ist das Projekt „Digitale Leuchttürme“. Dabei werden in einigen Pilotgemeinden verschiedene Systeme installiert und getestet. Dazu zählt beispielsweise eine elektronische Terminverwaltung, die den Büros der Gemeindeoberhäupter oder auch dem Bauamt zur Verfügung gestellt werden. Die Bürgermeister können Terminblöcke bereitstellen, die Bürger dann online buchen können. Wer einen Termin wünscht, kann ihn selbst buchen und verwalten, das heißt auf Wunsch verschieben oder stornieren. Das Zwischenschalten einer Sekretariatsleistung wird damit überflüssig. Ein weiteres Tool soll Bauwerbern ermöglichen, jederzeit Einblick in ihren Akt zu nehmen und damit festzustellen, wie weit das Verfahren schon gediehen ist. Diese Pilotgemeinden sollen dann für andere Kommunen als „Leuchttürme“ dienen, bei denen sie sich bei ihrem nächsten Schritt in die Digitalisierung informieren können.
Zentrales Rechenzentrum
Das GSZ bietet den Kommunen und Gemeindeverbänden auch ein zentrales Rechenzentrum an. 101 der 132 Kärntner Gemeinden und weitere 26 Gemeindeverbände machen bereits davon Gebrauch. Sie haben keine eigenen Server vor Ort, die komplette Arbeitsumgebung befindet sich auf dem zentralen Rechner. Das hat mehrere Vorteile. Die Gemeinden brauchen sich weder um Wartungen noch um Updates kümmern. Auch kann jeder Mitarbeiter von seinem Laptop aus ortsunabhängig auf die benötigten Oberflächen zugreifen. Auf diese Weise kommt die Gemeinde bei Bedarf zum Bürger. Die Lizenzen für die Office-Programme oder MS-Teams beispielsweise werden ebenfalls vom GSZ zur Verfügung gestellt. Es gibt Bestrebungen, einheitliche Programme für bestimmte Bereiche zur Verfügung zu stellen. Damit kann längerfristig gemeindeübergreifend zusammengearbeitet werden. Doch in ihrer Entscheidung sind die Gemeinden autonom. Im Finanzbereich hat sich die Vereinheitlichung großteils durchgesetzt. Hier verwenden laut Sternig rund 80 Prozent der österreichischen Gemeinden dieselbe Software. Ein weiteres Pilotprojekt, mit dem man auch auf den steigenden Personalmangel antwortet, ist die zentrale Baurechtsverwaltung, die sich im Bezirk Feldkirchen im Probelauf befindet. Abseits der technischen Hilfe, wie sie auch in anderen Bezirken bereitgestellt wird, profitieren die Gemeinden ebenfalls von juristischer Unterstützung. Dies birgt den Vorteil, dass Expertenwissen zentralisiert wird, sodass die Gemeinden bei Bedarf darauf zugreifen können.
Persönliche Kontakte
Auch Mallnitz ist in das GSZ digital eingebunden. Die Erleichterungen in der Verwaltungsarbeit werden gern angenommen. So laufen beispielsweise Lohnverrechnungen oder Ausschreibungen zentral über den Rechner, doch für eine durchgehende Digitalisierung sei Mallnitz zu klein, und gerade diese Kleinheit ermögliche noch den direkten Kontakt, erklärt Bürgermeister Günther Novak. „Digitalisierung ist wichtig, aber der persönliche Kontakt mit den Menschen ist noch wichtiger“, präzisiert er. Die digitale Amtstafel und Formulare beispielsweise sind auf der Website verfügbar, aber vieles geht nur oder besser im direkten Kontakt. Diese Erfahrung hat Novak gemacht. Nach einem Radunfall hatte er einen Arm eingegipst und war gezwungen, längere Zeit aufs Auto zu verzichten. Daher war er regelmäßig zu Fuß in der Gemeinde unterwegs und überrascht, wie oft er angesprochen wurde und wie intensiv er mit den Menschen ins Gespräch kam. Dieses Erlebnis bestärkte ihn nun darin, sein Auto auch nach geheiltem Knochenbruch öfter einmal stehen zu lassen.
Günther Novak, Bürgermeister Mallnitz
© KK / Privat
Lehrlingsausbildung digital
Die Lehrlingsausbildung funktioniert in den Kärntner Gemeinden zum Teil ebenfalls digital. „Hier sind wir in unserem Bundesland sehr weit und können diese Leistung längerfristig auch anderen Bundesländern anbieten“, sagt Sternig. Geboten werden Fachvideos inklusive Wissensüberprüfung. Damit können junge Leute auch in abgelegenen Regionen Teile ihrer Lehre als Gemeindemitarbeiter vor Ort absolvieren. „Auf diese Weise haben wir die Möglichkeit, unsere künftigen Mitarbeiter:innen selbst auszubilden, und das ist uns sehr wichtig“, erklärt der GSZ-Geschäftsführer.