Gesundheit
23.11.2020

Zwischen Homeoffice, DistanceLearning und Muttersein

Die andauernde Coronakrise hält Wirtschaft und Politik in Atem. Aber: Ebenso intensiv erleben Familien die COVID-Maßnahmen und die dadurch entstehenden Problematiken in den eigenen vier Wänden. Wie wird das weitergehen?

Das bisschen Haushalt macht sich von alleine? Wären nebenbei nicht noch Homeoffice, Kinderbetreuung und Homeschooling. Die Coronakrise trifft gerade erwerbstätige Eltern geballt: „Vor allem Mütter üben aktuell zwei Jobs gleichzeitig aus und da bleibt immer etwas auf der Strecke. Das schlägt sich dann in der Zufriedenheit nieder“, weiß auch die Soziologin Mareike Bünning. Durch die Coronavirus-Pandemie hat sich der Alltag von Familien mit Kindern stark gewandelt: Krippen, Kindergärten und Schulen dürfen nur für die Notbetreuung besucht werden und werden nun langsam wieder für weitere Kinder geöffnet. Spielplätze waren für längere Zeit gesperrt. Viele Kinder hatten auf einmal weniger Möglichkeiten, sich draußen zu bewegen. Persönliche Kontakte zu Großeltern und Freunden sind kaum bzw. nur sehr eingeschränkt möglich – naheliegend, dass die Nerven mittlerweile bei vielen Familien blank liegen. Kinder brauchen soziale Kontakte, Homeschooling ist kein Ersatz zum Alltag in der Schule. Denn auch, wenn Eltern und Kinder vorbildlich verzichten und sich zu wahrhaftigen Alltagshelden entwickeln, kann das doch kein Dauerzustand sein – oder doch?

Zwischen Verzweiflung und Verständnis

Zweifelsohne steht der Schutz der Gesundheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger im Vordergrund. Dennoch zeigen bereits mehrere Studien, dass sich die Mehrfachbelastung durch COVID-19 negativ auf das das Familienleben auswirkt. Und dabei handelt es sich eben nicht um Randgruppe der Gesellschaft, sondern um gut 2,5 Millionen Familien in Österreich. War die Mutter schon lange vor der Pandemie häufig die wichtigste Ansprechperson im Familienalltag, kommen dazu jetzt noch neue Probleme.

WE STAY AT HOME: Eine Chance?

Trotz all der Probleme und Sorgen, bringen die neuen Umstände auch Chancen mit sich, die zunächst nicht als solche erscheinen. Zeit mit der Familie, die ansonsten wegen vieler Wege und des Arbeitsalltags auf der Strecke blieben, kann vermehrt stattfinden. Krisen lassen einen zusammenwachsen, man stellt sich aufeinander ein und überwindet Herausforderungen gemeinsam – im besten Fall geht man als Familie gestärkt aus der Situation hervor!

Mutter & Managerin?

Interview mit Alexandra Schreiner, Standortleiterinder Bildungsinstitution Vitalakademie Graz

Als Standortleiterin der Bildungsinstitution Vitalakademie Graz, fühlt Alexandra Schreiner, selbst alleinerziehende Mutter dreier Kinder, den Puls der Veränderung, den die Covid-19-Pandemie mit sich gebracht hat.

advantage: Welche Veränderungen haben Sie als Leiterin eines Erwachsenenbildungsinstitutes durch die coronabedingte neue Situation erfahren?

Alexandra Schreiner: Jede Veränderung ist zunächst eine Chance. Wir haben an der Vitalakademie zu Beginn des Lockdowns, in enger Abstimmung mit den Behörden, innerhalb von drei Tagen alle Präsenzkurse für insgesamt 1.500 Teilnehmer auf Online-Kurse umstellen müssen. Diese Herausforderung lehrte uns Flexibilität in besonderem Maße. Jene Flexibilität und die Chancen, die aus dieser Veränderung erwachsen, geben wir an unsere Kursteilnehmer weiter. Wir wollen gerade in dieser schwierigen Situation nicht nur Wissen vermitteln, sondern den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auch das mentale und praktische Rüstzeug mit auf den Weg geben, diese Situation, die uns noch länger begleiten wird, nicht nur gut, sondern besser zu bewältigen.

Haben sich aus der Situation heraus neue Kurse ergeben?

Ein praktisches Beispiel, wie wir mit veränderten Situationen positiv umgehen: Das Streaming eines Web-Seminars auf Zoom Live war während des Lockdowns an der Tagesordnung und hat wie jede Technologie, die sich am Markt durchsetzt, für den Menschen auch Vorteile. Diese neue Technologie behalten wir nun bei der Rückkehr der Präsenzkurse bei. Wir kombinieren das Bewährte mit dem Neuen. So ist die Ausbildung zur Diplomierten Berufs- und Sozialpädagogen die erste duale Ausbildung in dem Sinn, dass Lehrinhalte, die besser virtuell transportiert werden können, über Zoom Live in die Homeoffices der Teilnehmer übertragen werden und jene Inhalte, die besser in einem persönlichen Gespräch übermittelt werden, über Präsenzkurse vermittelt werden. Die Ausbildung zum Berufs- und Sozialpädagogen ist ein Mikrokosmos für die Situation als Ganzes. Wir lehren Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Arbeit mit der älteren Generation und die Arbeit mit Migranten. Die Absolventen schulen nicht nur ihre eigenen Ressourcen und Kompetenzen, sondern können die erlernten Techniken an Menschen in ihrem Umfeld, angepasst an die jeweiligen Rahmenbedingungen, weitergeben.

Ist das Homeoffice eine gute Schule für das Leben?

Das Homeoffice lehrt mit Gewissheit Toleranz und Rücksichtnahme auf die Mitbewohner. Das ist gut auf die Gesellschaft als Ganzes übertragbar. Das Homeoffice lehrt mit Sicherheit Flexibilität und vernetztes Denken und Handeln. Ein Umstand, den viele Unternehmen bereits erkannt haben. Die Flexibilität der Arbeitszeit war gestern. Die Flexibiltät des Arbeitsortes ist heute. Die Flexibilität zu einer gesellschaftlichen Weiterentwicklung steht aus meiner Sicht bereits vor der Türe. Diese neue Flexibilität nutzt den Frauen. Frauen sind von Natur aus flexibel. Viele Frauen konnten diese Rolle bereits gut annehmen. Die Rolle der Frau in der Gesellschaft als Mutter und Managerin wurde gewiss gestärkt.

Credit: KK
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