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Wirtschaft
01.07.2022

Baugipfel zeigt deutlichen Anstieg der Herausforderung

Kärntens Konjunkturlokomotive könnte der Dampf ausgehen: Preissteigerungen, Lieferengpässe und zurückgehaltene Projekte der öffentlichen Hand schüren Zukunftsängste.

Sprunghaft steigende Preise, Lieferengpässe, Rohstoffmangel und Projektverschiebungen werden im nächsten Jahr das Baugeschehen massiv bremsen. Das ist das Ergebnis des Kärntner Baugipfels, bei dem kürzlich die Spitzen der Kärntner Bauwirtschaft Landeshauptmannstellvertreterin Gaby Schaunig über die enormen Herausforderungen der Branche informierten.

Zwar ist die Branche bis Ende 2022 gut bis sehr gut ausgelastet, doch die Freude über derzeit voll Auftragsbücher hält nicht lange an. „Wir sehen uns mit massiven Problemen konfrontiert“, mahnt Gerhard Oswald, Obmann der ARGE Bauwirtschaft und verweist besonders auf Materialpreissteigerungen und Lieferengpässe: „Für Baustoffe und Geräte sind die Preise innerhalb eines Jahres im Bau um knapp 25 Prozent sowie im Holzbau um über 50 Prozent gestiegen“, wie Holzbau-Innungsmeister Fritz Klaura betont. Nimmt man Baustahl oder Holz als Beispiele, dann fällt das Ergebnis noch drastischer aus. Hier sind die Preise um über 70 Prozent gestiegen. Folge sei, dass Auftraggeberinnen und –geber Projekte stoppen oder verschieben würden, um auf eventuelle Preissenkungen zu warten. Auch die global verursachten Lieferengpässe bei Materialien führen zu Schwierigkeiten. Oswald: „Es kommt immer wieder zu Bauzeitverzögerungen. Daraus resultieren höhere Kosten und als Konsequenz ein späterer Beginn der Nutzung des Bauwerks.“

Ein weiterer Punkt, der die Stabilität der Bauwirtschaft, die mit einem hohen Wertschöpfungsanteil von 25 Prozent des Kärntner BIP als Schlüsselbranche gilt, ins Wanken bringt, ist der vorherrschende Facharbeitermangel. „Die geburtenstarken Jahrgänge gehen demnächst in Pension und die Lehrlingszahlen stagnieren. Die Lücke zwischen Arbeitskräftenachfrage und –angebot wird immer größer“, weiß Bau-Innungsmeister Rauter. Die Bauwirtschaft brauche Führungskräfte, aber vor allem ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte für die Realisierung von Bauprojekten. „Arbeitnehmerinnen und -nehmer am Bau werden vergleichsweise gut entlohnt. Das reicht allerdings nicht, um die heutige Jugend für die Bauberufe zu gewinnen. Das Image der Arbeit am Bau hat Ausbaupotenzial“, so Rauter und verweist auf hilfreiche Bildungsmodelle, wie jüngst das Projekt „Bau packt an“.

Für die Interessenvertreterinnen und –vertreter liegt der Ball bei der Politik, um die größten Herausforderungen abzufedern und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. „Wir fordern keine großen Unterstützungsleistungen, sondern faire Rahmenbedingungen, die es uns ermöglichen, überhaupt noch Angebote zu stellen und Aufträge anzunehmen. Andernfalls ist das wirtschaftliche Überleben vieler Betriebe ernsthaft gefährdet“, bringt es Robert Rauter auf den Punkt.

Öffentliche Vergabe

Auf Grund der massiven Preissteigerungen und Preisunsicherheiten werden bereits jetzt gewerbliche und private Projekte zurückgestellt. Die angespannte Situation auf den Rohstoffmärkten mit Lieferengpässen hat sich durch den Krieg in der Ukraine nochmals zugespitzt. Es ist zu befürchten, dass in den nächsten Monaten die prekäre Situation weiter eskaliert. Wenn nicht rasch effektive Gegenmaßnahmen ergriffen werden, droht auf vielen Baustellen die Einstellung der Bautätigkeit, mit allen negativen Konsequenzen, wie Kurzarbeit und hoher Arbeitslosigkeit.

Aus diesem Grund fordert die Bauwirtschaft:

  • Ausschreibungen nicht aufschieben, um die Kontinuität für 2023 zu sichern
  • Eine anhaltende faire Vergabe durch andere öffentliche Auftraggeberinnen und -geber

Preissteigerungen: Nachkommen der Resolution des österreichischen Baugewerbes

Die Resolution enthält die Forderung nach veränderlichen Preise bei allen öffentlichen Aufträgen, Vertragsanpassung bei bestehenden Bauverträgen sowie Gegenmaßnahmen zum Energiepreisschock, wie etwa eine zeitlich begrenzte Refundierung der Mineralölsteuer und das Aussetzen der geplanten CO2-Bepreiung.

Wohnbauförderung & Förderung von Sanierungsmaßnahmen

Auf Grund der Preissteigerungen wird die Anpassung der Fördersätze in der Wohnbauförderungnach Salzburger Beispiel – gefordert. Außerdem sollen die Förderungen von Sanierungsmaßnahmen noch flexibler gestaltet werden und auch für konstruktive Maßnahmen gewährt werden. Als Voraussetzung könnte das verpflichtende Anbringen einer Photovoltaikanlage sein.

Genehmigungsverfahren

Besonders ärgerlich für die Kärntner Bauwirtschaft ist, dass trotz gebetsmühlenartigem Wiederholen der Forderung nach schnelleren Genehmigungsverfahren, keine Besserung zu erkennen ist. „Eins ist klar: Wir brauchen dringend mehr Tempo für die Wirtschaft!“, unterstreicht Innungsmeister Rauter.

Energiemanagement fördern

„Energiemanagement ist die Kombination aller Maßnahmen, die bei einer geforderten Leistung einen minimalen Energieeinsatz sicherstellen. Es bezieht sich auf Strukturen, Prozesse und Systeme sowie auf menschliche Verhaltensweisen und –änderungen“, erklärt
Harald Dullnig, Innungsmeister der Kärntner Mechatroniker.

Die Bauwirtschaft fordert:

  • Energiemanagementsysteme in Neubauten infolge Forcierung der E-Mobilität berücksichtigen
  • Zukunftsorientierte Energiekonzepte, die einen minimalen Energieeinsatz gewährleisten, sollten gefördert werden; Sichtbarmachung ähnlich dem Energieausweis
  • Auch bei hochqualitativen Sanierungen darf auf Energiemanagementsysteme nicht vergessen werden

„In Kärnten gehören rund 5.000 Betriebe der Bauwirtschaft an. Sie schaffen etwa 40.000 Arbeitsplätze und lösen einen hohen Multiplikatoreffekt aus – beispielsweise in nachgelagerten Bereichen wie etwa Möbel- und Ausstattungshandel. Die wirtschaftliche Stabilität der Bauwirtschaft ist somit für eine positive Entwicklung des Lebensstandortes unerlässlich“, erklärt WK-Innungsmeister Robert Rauter abschließend.

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