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Gesundheit
07.12.2023

„Digitaler Check“ sorgt für mehr-Sicherheit im OP-Saal

In einer Kooperation mit der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft entwickelte die JOANNEUM RESEARCH eine digitale Lösung zur Verbesserung der OP-Sicherheit.

Ziel ist es, Risiken bei chirurgischen Eingriffen zu minimieren, Transparenz zu gewährleisten und den administrativen Aufwand für die Mitarbeiter zu verringern. Mit der Einführung des digitalen Systems ist ein Meilenstein in der chirurgischen Sicherheit gelungen. Die Gruppe Digital Healthcare Solutions von JOANNEUM RESEARCH HEALTH forscht zudem an der Entwicklung einer künstlichen Intelligenz, die eine frühzeitige Erkennung von Gesundheitsrisiken ermöglicht.

„Surgical Safety Checklist“

Seit 2018 entwickeln Teams der JOANNEUM RESEARCH und der KAGes gemeinsam eine digitale Lösung für die 2008 von der WHO entwickelte und auf Papier verwendete „Surgical Safety Checklist“. Diese analogen Checklisten erfordern aber einen erhöhten Zeitaufwand und bilden nicht den gesamten Prozess ab. Die neue digitale Lösung lässt sich einfach in bestehende Arbeitsabläufe integrieren, vermeidet durch automatische Datenübernahmen redundante Dokumentation, bietet eine moderne benutzerfreundliche Oberfläche, ist mobil einsetzbar und bringt für alle Beteiligten eine durchgehende Transparenz. Ein entsprechend den WHO-Sicherheitskriterien qualitätsgesicherter Prozess in der OP-Vorbereitung kann damit optimal unterstützt werden.

Schrittweise Einführung

Die digitale OP-Prozessunterstützung „OP-Check“ war gegen Ende 2022 so weit, dass sie in zwei OP-Bereichen pilotiert werden konnte. Das geschah im LKH Deutschlandsberg und in der Universitätsklinik für Neurochirurgie des LKH-Univ. Klinikum Graz. „Wir haben nun genug Daten und Rückmeldungen, auf Basis derer wir in die Finalisierung des Produkts gehen können“, erklärt Dr. Franz Feichtner, Direktor von HEALTH, dem Institut für Biomedizinische Forschung und Technologien der JOANNEUM RESEARCH. Und weiter: „Seit September 2023 wird die digitale OP-Checkliste schrittweise in allen chirurgischen Einheiten des LKH-Univ. Klinikum Graz eingeführt und in weiterer Folge in allen KAGes-Einrichtungen der Steiermark verwendet. Für den Routinebetrieb wurde auch ein Wartungs- und Betreuungsvertrag mit der KAGes abgeschlossen. In Zukunft wollen wir das Produkt auch anderen Krankenhäusern und deren Betreibern zugänglich machen.“

„Seit September 2023 wird die digitale OP-Checkliste schrittweise in allen chirurgischen Einheiten des LKH-Univ. Klinikum Graz eingeführt und dann in weiterer Folge in allen KAGes-Einrichtungen der Steiermark verwendet.“

Dr. Franz Feichtner

Transparente Prozesse

„Der digitale ‚OP-Check‘ wird zur Steigerung der Sicherheit im OP-Prozess beitragen, bei gleichzeitiger Entlastung unserer Mitarbeiter:innen. Bereits existierende Daten werden übernommen, alle relevanten Informationen stehen allen Beteiligten jederzeit und ortsunabhängig zur Verfügung. Der gesamte OP-Prozess wird dadurch transparenter und entsprechend unserer LEAN-Hospital-Strategie ‚gestreamlined‘, betont Univ.-Prof. Ing. Dr. Dr. Gerhard Stark, Vorstandsvorsitzender der KAGes.

Software als Medizinprodukt

Zuständig für die Produktentwicklung ist die Forschungsgruppe Digital Healthcare Solutions. Das dynamische Team ist spezialisiert auf die Entwicklung und klinische Validierung von IKT-basierten Systemen zur medizinischen Entscheidungs- und Arbeitsprozessunterstützung. „Die ausgezeichnete Kooperation zwischen JOANNEUM RESEARCH und der KAGes zeigt, dass das Potenzial für Digitalisierung von Prozessabläufen im Krankenhaus noch lange nicht erschöpft ist. Unsere Ziele sind ein erleichterter Datenaustausch, eine verbesserte interprofessionelle Zusammenarbeit und Unterstützung, beziehungsweise das Empowerment systemrelevanter Berufsgruppen“, betont Feichtner.

„Die ausgezeichnete Kooperation zwischen JOANNEUM RESEARCH und der KAGes zeigt, dass das Potenzial für Digitalisierung von Prozessabläufen im Krankenhaus noch lange nicht erschöpft ist.“

Dr. Franz Feichtner

Frühzeitige Risikoerkennung

Die Gruppe „Digital Health Care“ forscht zudem mit Krankenhausbetreibern und Unternehmenspartnern an der Entwicklung einer Künstlichen Intelligenz (KI), die eine frühzeitige Erkennung von Gesundheitsrisiken ermöglicht. Konkret konzentriert sich das Team dabei auf die Behandlung älterer Menschen. Das stellt im Krankenhaus nämlich oft eine Herausforderung dar. Mit dem Alter werden Menschen naturgemäß gebrechlicher und die Wahrscheinlichkeit, einfach oder mehrfach zu erkranken, steigt. Die medizinische Behandlung ist somit meist komplex, da viele verschiedene Dinge berücksichtigt werden müssen. Dabei können zahlreiche Risiken übersehen werden. Das kann beispielsweise eine Sturzneigung, das Vorhandensein eines Deliriums (Verwirrtheitszustand) oder eine Schluckstörung sein. Ein zu spätes Erkennen dieser Faktoren kann zu schwerwiegenden Komplikationen führen und somit weitreichende Folgen für die Betroffenen mit sich bringen. Um hier eine echte Verbesserung für Patienten aber auch für das medizinische Personal im Behandlungsverlauf zu schaffen, ist es notwendig, mögliche Risiken im Blick zu haben, bevor sie zu einer realen Bedrohung werden. Und genau hier hilft die KI: Sie behält den Überblick, indem sie Risikopotenziale frühzeitig erkennt und warnt. Medizinisches Fachpersonal kann dann rechtzeitig präventive und therapeutische Maßnahmen einleiten, um mögliche Komplikationen zu verhindern.

Gesundheitsdaten und KI

Natürlich kann auch KI das nicht einfach so – sie muss gezielt für ihre Aufgabe trainiert werden. Dazu werden elektronische Gesundheitsdaten genutzt, mit welchen die KI übt und dabei lernt, selbstständig Risiko-Muster in Daten erkennen zu können. Die Digitalisierung bietet großen Chancen für Verbesserungen in so gut wie jedem Lebensbereich – so auch ganz besonders im Gesundheitswesen. „Das Sammeln von Daten aller Art ist hierbei das Herzstück, denn Gesundheitsdaten spiegeln einen enormen Erfahrungsschatz wider, den wir Menschen ohne die Hilfe von KI gar nicht mehr bewältigen könnten. Aber gemeinsam mit KI können wir sehr viel aus diesen Daten lernen und so die medizinische Versorgung nachhaltig verbessern“, so Feichtner abschließend.

Mit der Einführung eines digitalen Systems ist ein Meilenstein in der chirurgischen Sicherheit gelungen. © Meduni Graz
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