Andrea Schmidt, Abteilungsleiterin Kompetenzzentrum Klima und Gesundheit
© Gesundheit Österreich GmbH
Das Bewusstsein für die Klimakrise ist mit Juli 2023 als dem weltweit heißesten je erlebten Monat der Messgeschichte nicht nur in den Köpfen der Menschen, sondern auch im Gesundheitsbewusstsein von Arbeitgebern angekommen. Auch im Gesundheitssektor werden sich zunehmend mehr Unternehmen ihrer Verantwortung bewusst, sowie der Chance, die sich mit Klimaschutz auftut. „Das Gesundheitswesen ist für 6,7 Prozent des nationalen CO2-Fußabdrucks verantwortlich – insbesondere Krankenanstalten und das Beschaffungswesen im Bereich Arzneimittel und Medizinprodukte haben einen wesentlichen Anteil bei den Treibhausgasemissionen. Gleichzeitig hat der Klimawandel gesundheitliche Auswirkungen – von Hitzestress über vermehrtes Auftreten von Allergien bis hin zu neuen Erregern, die potentiell Pandemien verursachen können. Daher gibt es dringenden Handlungsbedarf in allen Bereichen", betont Ruperta Lichtenecker, Ökonomin und Abteilungsleiterin Kompetenzzentrum Klima und Gesundheit. Doch bis zum Jahr 2022 ist – mit Ausnahme einzelner Initiativen – wenig passiert, um Gesundheitssysteme hierzulande klimafreundlich zu gestalten. Dies hat sich nun geändert.
Das Kompetenzzentrum Klima und Gesundheit, welches vor rund anderthalb Jahren am österreichischen nationalen Public-Health-Institut „Gesundheit Österreich GmbH“ eingerichtet wurde, beschäftigt sich an der Schnittstelle von Forschung, Politik und Praxis mit beiden Aspekten: Einerseits, wie das Gesundheitssystem selbst ‚grüner‘ und klimafreundlich gemacht werden kann und andererseits, wie es sich auf die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels vorbereiten kann, Stichwort mehr Resilienz. Andrea Schmidt, eine der beiden Leiterinnen des Kompetenzzentrums, fasst die Motivation, sich mit dem Thema Klima und Gesundheit zu beschäftigen, wie folgt zusammen: „Der Gesundheitssektor profitiert von Klimaschutzmaßnahmen doppelt: Je weniger Menschen von den gesundheitlichen Folgen der Klimakrise betroffen sind, desto geringer die Gefahr einer Überlastung von Gesundheitspersonal und Auftreten unnötiger Todesfälle.“ Es gilt also, Gesundheitsförderung mit Klimaschutz an die erste Stelle zu setzen – innerhalb und außerhalb von Gesundheitseinrichtungen. „Wir müssen die Krise erkennen und bekämpfen bevor sie da ist“, so Schmidt.
Andrea Schmidt, Abteilungsleiterin Kompetenzzentrum Klima und Gesundheit
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Wie die Lösung aussieht? Gesundheitsförderung wird in den Unternehmen des Gesundheitssektors und des Langzeitpflegesektors als Teil von Klimaschutz betrachtet – und umgekehrt.
Tatsächlich zeigen die Arbeiten des Kompetenzzentrums Klima und Gesundheit wichtige Erfahrungen auch für andere Branchen: Klimaschutz zahlt sich nicht nur fürs Klima aus, sondern bringt Gesundheitseinrichtungen und Unternehmen auch viele weitere Vorteile. Neben Kosteneinsparungen durch gesteigerte Energie- und Ressourceneffizienz, der Erhöhung der Versorgungsicherheit und Steigerung der Resilienz schaffen Gesundheitseinrichtungen mit Klimaschutzmaßnahmen auch ein gesundheitsförderndes Umfeld für Patienten sowie Mitarbeitende. Dadurch stärken sie ihr Image als zukunftsorientierte Gesundheitsdienstleister. „Klimaschutz ist Gesundheitsschutz.“, betont Ruperta Lichtenecker, Leiterin des Kompetenzzentrums Klima und Gesundheit der Gesundheit Österreich GmbH. „Einrichtungen, die sich ihrer Verantwortung hinsichtlich Klimaschutz bewusst werden, werden auch als attraktive Arbeitsgeber wahrgenommen, die die Gesundheit der Menschen und des Planeten fördern und schützen, zeigt eine Umfrage bei Entscheidungsträgern in Gesundheitseinrichtungen.“
Um Gesundheitseinrichtungen dabei zu unterstützen klimafreundlich zu werden, hat das Kompetenzzentrum Klima und Gesundheit gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium das Projekt „Beratung klimafreundliche Gesundheitseinrichtungen“ initiiert. Im Rahmen des Projekts arbeiten Expertenteams mit der jeweiligen Einrichtung vor Ort zusammen und erheben Treibhausgasemissionen, Energie- und Ressourcenverbrauch in allen Handlungsfeldern wie Gebäude, Energie, Mobilität, Ressourcen- und Abfallmanagement, Ernährungssystem etc. und identifizieren Einsparungspotenziale. „Anhand dieser wird gemeinsam ein Klima-Aktionsplan mit konkreten Zielen und Maßnahmen erstellt, der auf jede Einrichtung speziell zugeschnitten ist und die Gesundheitseinrichtungen werden bei der Umsetzung begleitet“, erklärt Lichtenecker.
Das Projekt „Beratung Klimafreundliche Gesundheitseinrichtung“ unterstützt bereits mehr als 300 Gesundheitseinrichtungen und ist in Europa einzigartig. „Basierend auf den Arbeiten und Ergebnissen des Projektes, wird die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen in Krankenanstalten und Pflegeeinrichtungen in den nächsten Jahren mit 350 Mio. Euro unterstützt“, betont Lichtenecker.
Ruperta Lichtenecker, Abteilungsleiterin Kompetenzzentrum Klima und Gesundheit
© Gesundheit Österreich GmbH
Darüber hinaus gehen viele Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung Hand in Hand mit Klimaschutz. Motiviert das Unternehmen Mitarbeitende etwa dazu, sich aktiv fortzubewegen – wie zu Fuß zu gehen oder mit dem Rad zu fahren, um zur Arbeit zu kommen –stärkt dies nicht nur die Gesundheit der Mitarbeitenden, sondern spart auch Treibhausgasemissionen ein und sorgt für eine Verbesserung der Luftqualität. Die Reduktion des Fleischanteils in Betriebsküchen sowie die Verwendung von möglichst regionalen, saisonalen und biologischen Produkten führt zu einer gesundheitsfördernden Ernährung, sowie zur Reduktion von Transportwegen, geringerem Einsatz von Pestiziden und Vermeidung von klimaschädlichen Emissionen und bedingt dadurch geringere Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima. Auch die Gebäudekühlung durch Fassadenbegrünung sowie die Schaffung und Erhaltung von Grünräumen haben positive Effekte auf die körperliche und mentale Gesundheit sowie Konzentrationsfähigkeit der Mitarbeitenden und belasten – im Gegensatz zu energieintensiven Klimaanlagen – das Klima nicht, sondern binden CO2 und fördern die Biodiversität. Die Erfahrungen von Unternehmen im Gesundheitssektor veranschaulichen das große Potenzial von Klimaschutz für gute Arbeitsplätze – und damit es künftig nicht noch heißer wird.